T478.3187 (Kuehn 33319) vs. T478.3174 (Roco 36251)
Hallo,
eigentlich wollte ich die Beitragsüberschrift noch um den Zusatz "Das Duell" erweitern. Ich habe es aus guten Grunde gelassen, dazu später mehr.
Nachdem ich schon seit geraumer Zeit das Roco-Modell besitze, habe ich mir, recht spontan, bei elriwa eines der tschechischen Sondermodelle von Kuehn bestellt, die rote Variante mit gelbem Signalstreifen. Heute kam es nun zum großen Vergleich unterm Fotozelt und auf dem Testoval. Um die Chancengleichheit zu sichern, gehe ich auf die Soundfunktion des Rocomodells hier nicht ein. Da ich beide Modelle online gekauft habe, hatten beide Hersteller die gleiche Chance zu zeigen, ob ein "Blindkauf" anzuraten ist.
Bevor ich mich den Details widme, hier ein paar taktisch-technische Daten:
LüP: 137,7 mm Kuehn zu 137,9 mm Roco
Gewicht: 184 g Kuehn zu 182 g Roco (inklusive Sounddekoder und Schallkapsel)
Haftreifen: je 2 (Kuehn 0-1-1-0, Roco 0-0-0-2)
Lieferumfang
Das Roco-Modell kommt in der bekannten Stülpschachtel daher, die Lok liegt sicher verpackt in einem Styropurformblock , zusätzlich geschützt durch einen Blisterdeckel. Das Modell passt auch zugerüstet in die Originalverpackung. Da es sich um das Soundmodell handelte, lagen etwas umfangreichere Papiere bzw. Waschzettel bei. Das Modell wird mit der Roco-Kupplung (ehemals Fleischmann-Profi-Kupplung) ausgeliefert, für die meisten heißt es also Kupplungen tauschen.
Das Kuehn-Modell wird in der ebenfalls bekannten Kunststoffschachtel ausgeliefert, im Inneren wird das Modell durch einen geteilten Blister gehalten. Aus dem Blisterunterteil lässt es sich recht schwer herausnehmen. Auf dem Waschzettel finden sich alle notwendigen Informationen inklusive Ersatzteilnummern und deren Preise. Logischerweise ist das Modell mit der hauseigenen Kupplung ausgestattet.
Beiden Modellen liegen einige Zurüstteile bei, wobei das Roco-Modell noch an der Pufferbohle vervollständigt und die Signalhörner und die Antenne auf dem Dach angebracht werden müssen. Die Teile passen alle saugend und halten ohne Klebstoff.
Das Kuehn-Modell ist bereits zugerüstet, es fehlt allerdings der Zughaken. Für die Vitrinenbahner unter uns liegen beiden Modellen alternative Schürzen ohne die Aussparung für die Kupplungskulisse bei. Diese wird bei Roco mittels zweier Schrauben befestigt, beim Kuehn-Modell nur gesteckt. Zusätzlich sind "vollständige" Luftschläuche und Zughaken beigelegt.
Die bei anderen Kuehn-Modellen beiliegenden Ersatzmotorkohlen und Ersatzhaftreifen finden sich nicht mehr im Lieferumfang.
Detailierung
Meiner Meinung nach haben beide Hersteller das Vorbild sehr gut umgesetzt, die "Schönheit" der Maschine kommt treffend rüber.
Im Detail gibt es aber schon mehrere Unterschiede.
Das Kuehn-Modell punktet ganz klar bei der Filigranität der angesetzten Handgriffe aus stabilem, lackiertem Metall. Diese bestehen beim Roco-Modell zwar auch auch lackiertem Metall, sind aber dicker ausgeführt. Auch die Handgriffe an den Türen sind einzeln angesetzt, hier zeigen sich beim Roco-Modell lediglich angespritzte Griffe, die zwar dünn ausgeführt sind, aber eben halt nicht freistehend. Leider vermisse ich an meinem Kuehn-Modell die Handgriffe unterhalb beider Führerstände, diese liegen auch nicht im Zurüstbeutel.
Die gravierten Klappen und Lüfterjalousien sind beim Kuehn-Modell ebenfalls feiner ausgeführt. Unterhalb der
Puffer besitzt das Kuehn-Modell auch Rangiergriffe, diese fehlen beim Roco-Modell komplett.
Der Punkt für die bessere Umsetzung des Frontfensters geht auch an Kuehn, Scheibenwischer und Fensterrahmen sind feiner ausgeführt. Die seitlichen Fenster am Maschinenraum sind beim Roco-Modell silbern eingefasst, beim Kuehn-Modell rot. Die seitlichen Führerstandsfensterrahmen sind beim Kuehn-Modell nicht farblich abgesetzt.
Die Dachausrüstung zeigt beim Kuehn-Modell sehr schön gravierte Lüfter inkusive nachgebildeter Lüfterflügel und separat abgesetzte Abgasschächte. Das Roco-Modell nutzt die Lüfteröffnungen als Schallauslass für den Lautsprecher, deshalb sind die Lüfterabdeckungen nur durchbrochen ausgebildet. Das Kuehn-Modell nutzt als Schallauslass eine durchbrochene Fläche unterhalb des Tanks. Die Abgasschächte beim Roco-Modell sind nicht farblich abgesetzt und weisen eine Verlängerung auf. Die Signalhörner sind beim Kuehn-Modell filigraner ausgeführt, nur leider wurde beim Montieren kein Wert auf eine ordentliche Ausrichtung gelegt. Ein Horn ist deutlich außer Kurs und so sehr gut verklebt.
Dem sehr schön filigran nachgebildeten Kühler auf dem Dach steht beim Kuehn-Modell eine sehr klobig dargestellte Antenne gegenüber, hier bietet das Roco-Modell eine sehr filigrane Ausführung. Vor der Lackierung der Antenne wäre dem Kuehn-Hersteller auch ein vernünftige Entgratung des Teilchen anzuraten.
Auch die Gravur der Drehgestellverkleidungen ist beim Kuehn-Modell flacher ausgeführt als beim Roco-Modell. Das Roco-Modell besitzt eine separat angesetzte Fühlerleitung an einer Achse, diese fehlt beim Kuehn-Modell.
Licht
Beide Modelle sind mit warm-weißen sowie roten LEDs bestückt. Die Lichttrennung ist hervorragend gelöst. Die Lichtstärke ist für meinen Geschmack etwas zu hell, aber dass kann man ja mittels Dimmen durch den Dekoder verändern.
Innenleben
Beide Modelle werden durch Spreizen des Oberteils geöffnet. Dies ging bei meinen Modellen sehr einfach. Dabei fällt auf, dass am Kuehn-Modell die Aufstiegsleitern und die Drehgestellabstützungen am Hut mit angeformt sind, beim Roco-Modell sind diese als separate Teile am Rahmen befestigt. Das Roco-Modell besitzt eine vereinfachte Nachbildung der Maschinenraumausrüstung aus beigen Kunststoff. Beim Kuehn-Modell fehlt diese. Hinter den Fenstern ist der schwarz lackierte Rahmen zu sehen. Durch asymmetrisch angeordnete Kerben innerhalb des Gehäuses kann dieses nicht verdreht aufgesetzt werden. Das Roco-Modell hat keinen "Verdrehschutz".
Die Motoren mit ihren Schwungscheiben liegen tief im Druckgussrahmen, abgedeckt durch die Leiterplatten mit den 6poligen Schnittstellen nach NEM651. Die LED für die Beleuchtung befinden sich beim Kühn-Modell auf einer kleinen abgesetzten Leiterplatte, beim Roco-Modell sogar auf zwei zusätzlichen Leiterplatten pro Seite. Verbunden sind die Leiterplatten untereinander über einzelne Litzen.
Auffällig beim Kuehn-Modell ist die Lagerung der Drehgestellschäfte. Diese sind sehr beweglich gelagert und können stark nach vorne und hinten kippen. Die Drehgestelle des Kuehn-Modells sind unten geschlossen, die des Roco-Modells besitzen je 3 Öffnungen für ausreichend Freiraum für die Ritzel.
Beschriftung
Beide Hersteller haben sich, was die Beschriftung betrifft, ordentlich ins Zeug gelegt. Die Beschriftungen sind mehrfarbig angelegt, auch der Tank und CSD-typisch die Drehgestellblenden sind mit Anschriften versehen.
Die Feinheit der Bedruckung ist beim Kuehn-Modell noch einen Zacken besser. Außerdem hat das Kuehn-Modell lackierte Türgriffe und Verschlüsse an den seitlichen Klappen.
Lackierung
Beide Modell nebeneinandergestellt fällt auf, dass die Lackierung des Kuehn-Modells wesentlich glänzender ausgeführt ist als die des Roco-Modells. Die Farbtrennkanten sind beim Roco-Modell perfekt ausgebildet, leider fällt hier die Lackierung des Kuehn-Modells wesentlich ab. Neben 2 Fehlstellen an der Front gibt es auch noch mehrere Staubeinschlüsse. Die Trennkante zwischen dem gelben Signalstreifen und der grauen Pufferbohle zeigt eine sehr unsaubere Lackierung, an mehreren Stellen kommt die rote Farbe zum Vorschein.
Die gelben Signalstreifen sind in mehreren Druckvorgängen aufgebracht, dabei kommt es zu Überlappungen, die aber nur sehr wenig auffallen.
Fahrverhalten
Eigenlich wollte ich nach dem halbstündigen Einfahren die Kuehn-Maschine mit einem Zimo-Dekoder (Roco verbaut auch Zimos) versehen und einen Fahrvergleich zwischen beiden Modellen durchführen. Leider erlauben die vorgefundenen Fahreigenschaften der Kuehn-Maschine keinen seriösen Vergleich.
Die Fahreigenschaften der Roco-Maschine sind sehr ausgewogen, sowohl im unteren Geschwindigkeitsbereich als auch im oberen. Die zu hohe Endgeschwindigkeit lässt sich mittels Dekoder ausbremsen.
Schon beim Aufgleisen der Kuehn-Maschine fällt auf, dass beim Schieben der Lok per Hand es zum Entgleisen der Radsätze kommt. Ob dies an den sehr "griffigen" Haftreifen oder den sehr kippelig gelagerten Drehgestellen liegt, war nicht herauszubekommen.
Beim Test mit einer regelbaren Laborstromversorgung wird deutlich, dass unterhalb von 7 V der Motor nicht dreht. Diese Schwelle wurde auch nach dem Einfahren nicht besser. Oberhalb von 7 V bewegt sich dann die Maschine abrupt mit einem Bocksprung vorwärts. Von Langsamfahreigenschaften kann keine Rede sein.
Das Geräusch, dass die Maschine beim Fahren abgibt, erinnert mich immer an einen entgleisten Radsatz. Sehr gewöhnungsbedürftig. Auf den Einbau des Dekoders habe ich verzichtet, diese schlechten Fahreigenschaften sind auch digital nicht mehr auszugleichen.
Die Endgeschwindigkeit ist vergleichbar zum Roco-Modell, ein typischer kühnscher Schleicher ist die Maschine nicht.
Qualität
Der Punkt geht bei den beiden "blind" gekauften Maschinen ganz klar nach Österreich.
Leider wird die bessere Modellumsetzung beim Kuehn-Modell von, für mich nicht akzeptablen, Qualitätsmängeln heruntergezogen. Was nützen schon montierte Zurüstteile, wenn diese schief montiert und so verklebt werden, Handgriffe erst gar nicht montiert werden, die Lackierung fehlerhaft ist. Die Fahreigenschaften sind für eine Drehgestelllok sehr mangelhaft, sowohl Motoreigenschaften als auch die Drehgestellgeräusche nicht zeitgemäß. Qualitätskontrolle scheint abgeschafft, kennt man ja auch von anderen Firmen.
Mein Fazit
Leider enttäuscht das Kuehn-Modell, nicht bei der Modellumsetzung, sondern bei der abgelieferten Qualität. Ich werde das Modell wieder zurückschicken. Da es sich um eines der abverkauften "limitieren Exklusiv"-Modelle handelt, werde ich wohl auf das Modell verzichten müssen.
Bisher ist die Variante mit rotem Gehäuse und gelbem Signalstreifen so (noch) nicht vom Mitbewerber angekündigt. Kann ja hoffentlich noch werden.
Gruß Hansi