Soo... wollen wir mal weiter im Text. Ich stelle vor:
Die Hofstelle der Walthers
Um 1800 errichtet, stellt der Hof der Walthers ein typisches Wohnstallhaus dieser Region dar. Auf einem massiven Erdgeschoss setzt ein Fachwerkbau auf, welcher bis unter das schiefergedeckte, ob der winterlichen Schneelasten recht steil ausgeführte Dach reicht. Der linke Teil des Gebäudes bildet eine große Scheune - der inzwischen weniger genutzte Leiterwagen steht hier immer noch herum. Über eine Leiter gelangt man auf den Heuboden, welcher als Winterfutterlager für die Tiere weiterhin seine Bedeutung hat (ist wirklich eingebaut - bei einer Live-Besichtigung einfach mal gaaanz vorsichtig den Kopf in die Scheune stecken!). Auf dem Platz vorm Haus werden die Wagen gewendet und angespannt - die Zugtiere leiht man sich beim Nachbarn. Längst nicht jeder Hof war wohlhabend genug, um eigene Zugtiere zu halten.
Die rechte Gebäudehälfte bildet den Lebensraum der Walthers. Im Erdgeschoss, beim Fenster hinter der offenen Scheunentür, befindet sich die Futter- und Waschküche. Im Spätherbst, wenn geschlachtet wird, kocht man hier im großen Zuber die Vorräte für den Winter ein. Anschließend bringt man die Ziegen darin unter, welche im kalten Stallgebäude zu sehr frieren würden und deren Körperwärme den Bewohnern mit über den Winter hilft. Fest eingelassen steht hier außerdem der Wassertrog - die einzige Wasserquelle im Haus. Nach oben muss jeder Tropfen per Eimer getragen werden.
Im Obergeschoss, hinter hinter dem linken Fenster, liegt die Hauptküche. Diese sowie die rückwärtig gelegene Stube sind die einzigen aktiv beheizten Räume im Haus. Hier spielt das Leben, hier führt Mutter Walther Regie und hier bettet man sich, wenn die Nächte lang und kalt werden.
Die Front zur Straßenseite hin hat man etwas repräsentativer ausgeführt. Lehmputz suggeriert eine massive Bauweise des Wohnbereiches und verbirgt das dahinter liegende Fachwerk. Die Ecksteine wurden gar aus massivem Kalkstein ausgeführt - muss ja nicht jeder wissen, dass man hier bettelarm ist! Den Giebel ziert ein einfaches Schmuckfachwerk.
Im Erdgeschosses liegt der Vorratsraum. Das kleine Fenster neben der Treppe spendet gerade genug Licht, um überhaupt etwas darin zu finden, schützt aber so gut es geht vor dem Verderb der Lebensmittel. Einen richtigen Keller gibt es hier nicht - der Boden war zu felsig - aber unter einer Luke im Vorratsraum befindet sich der Abstieg zum ca. 1,5x2 Meter messenden Lagerkeller. Dort herrschen ganzjährig fast konstante Temperaturen und erlauben es, Kartoffeln, Äpfel und dergleichen bis zur nächsten Ernte zu halten.
Eine Etage höher wohnt man. Die beiden Kammern hinter den kleinen Fenstern gehören je einer Generation. Als die familiäre Vermehrung nicht aufzuhalten war, musste man im Lagerboden noch ein weiteres Stübchen einrichten - das oberste Fenster im Haus. Das unter der Treppe lagernde Brennholz ist nicht der Wintervorrat, sondern dient lediglich dem Tagesbedarf für's Kochen und die gelegentliche Warmwasserbereitung. Im Dachraum des kleinen Anbaus rechts neben der Treppe befindet sich ein Lager für allerlei Gerümpel. Die Luke gestattet es, lange und sperrige Teile direkt von außen einzulagern.
Die Rückseite des Hofes fällt sehr viel spartanischer aus. Im äußersten Eckchen des größeren Anbaus hat man einen Aborterker untergebracht - zusammen mit der darunterliegenden Sickergrube für die Zeit eine recht komfortable Ausstattung. Die beheizte Stube hat ein kleines, wenig Licht spendendes Fenster in den Hinterhof bekommen. Die Möglichkeit für ein zweites Fenster opferte man, um stattdessen über einen Treppenanbau eine innenliegende Verbindung ins Erdgeschoss zu schaffen.
Hinter dem Haus sammelt sich einiges Gerümpel - ein Rad mit gebrochener Nabe, das Beil mit dem Muttern die Anzündspäneln schnitzt, und typisches Hofzubehör. In der Nische zwischen den Anbauten wuchert das Gras über die Luke der Sickergrube. Die Gerüche in dieser Ecke halten sogar die Kinder fern, und vor dem nächsten Ausschaufeln im Frühjahr wird an dieser Stelle nicht mehr viel geschehen.
Geschützt hinter dem Hautpgebäude liegt der eigentliche Hof. Das Stallgebäude dient als Sommerunterkunft der Ziegen, der Hühner und allerlei anderen Kleinviehs. Auf dem Hof picken die Hühner, was immer sie finden, und dazwischen spielt die Jüngste der Familie in der warmen Sommerluft. Der Misthaufen ist ob der überschaubaren Tierbestände kein Vorzeigeobjekt, doch alleine schon um genügend Dünger für das Gemüse zu gewinnen muss der Opa diesen sorgsam pflegen. Jedes Jahr nach der Ernte schleppt man den größeren Teil dieses Haufens mittels Kiepen in den Garten, wo der Mist zusammen mit hinzugeschaffter Jauche mühsam in den Boden eingetragen wird.
Um @C120s Fragen weiter zu beantworten noch etwas zur Wasserversorgung. Das Wissen darum stammt von meinem Großvater, dessen Hof bis heute so versorgt wird (nur das Wasserhaus gibt es nicht mehr):
In typischen erzgebirgischen Tallagen gewann - und gewinnt man teils bis heute - das Trinkwasser aus dem Berg. Vor Errichtung eines jeden Hofes hat man die Wasserversorgung sichergestellt. Ein gutes Stück oberhalb des Hofes (nicht mehr auf dem Modul zu sehen) wurde ein kleiner Brunnen gegraben (mehr ein Loch von wenigen Metern Tiefe), bis man auf Wasser stieß. Lehmschichten oder felsiger Untergrund bilden im Erzgebirge oft gute, wasserundurchlässige Böden, auf welchen sich passable Bäche aus Schichtenwasser sammeln. Hatte man eine zufriedenstellende Ader gefunden, wurde das Loch als Sammelgrube und Wartungszugang ausgemauert und von dort aus ein Rohr bis zum geplanten Hofe gelegt. Das ausgemauerte Loch diente zugleich als Pufferspeicher - meist liegt es mindestens auf Dachhöhe des späteren Hofes, oft sogar noch höher.
An der Bergseite des durchgehenden Weges ist das Wasserhaus zu sehen (nein, das ist kein Plumpsklo - dafür gibt es ja den Freischwinger in Richtung Hof!). Es enthält einen offenen Trog (Größenordnung einige hundert Liter). Über die verrohrte Wasserquelle läuft von oben her ununterbrochen Frischwasser in diesen Trog hinein. Am Boden setzen sich mitgeführte Schwebstoffe ab und werden gelegentlich entfernt, ein Stück darüber führt ein Rohr vom Trog bis ins Haus. Entnimmt man im Haus Wasser, so sinkt der Wasserstand im Trog ab, bis dieser eventuell trocken fällt. Die eingefasste Quelle liefert Wasser nach - daher die wichtige Pufferfunktion. Nicht genutztes Wasser läuft über und wird abgeleitet - im einfachsten Falle direkt neben das Wasserhaus auf eine Wiese. Häufig wird jedoch auch das Überlaufwasser durch ein Rohr geführt, um erst unterhalb des Hauses entlassen zu werden. Das vermeidet feuchte Keller. Durch den ständigen Zu- und Überlauf von Quellwasser bleibt das Wasser im Trog frisch, man benötigt keinerlei weitere Aufbereitung. Benötigte man Wasser im Außenbereich, so schöpfte man direkt mit einem großen Eimer aus diesem Trog heraus.
Das Rohr zum Haus führte dort früher meist zu einem weiteren Trog mit derselben Funktion. Dieser musste natürlich zangsläufig tiefer liegen als der im Wasserhaus. In der dargestellten Szene kann das Rohr, bedingt durch die Straße, nur sehr flach verlegt werden - der zweite Wassertrog ist daher in der Wirtschaftsküche im Boden eingelassen und fließt unter dem Hofe wieder ab. Heute werden die Quellen, so sie denn noch genutzt werden, meist ohne Wasserhaus direkt bis ins Gebäude geführt. Dort übernehmen ein Pufferspeicher und je nach Quell-Höhe elektrische Pumpen die Funktion des ehemaligen Wassertroges - somit gibt es auch fließend Wasser bis ins Dachgeschoss.
Der Hof meiner Großeltern war bis 1972 noch über ein solches Wasserhaus versorgt. Dort hatte man auch den Überlauf der hangseitigen Quelle ebenfalls verrohrt und unter dem Haus hindurch geführt. Dies war notwendig, da die Quelle so mächtig war, dass das Haus sonst jederzeit nass gestanden hätte. Dank dieses Rohres und der hoch liegenden Quelle reicht der natürliche Wasserdruck aus, um fließend Wasser auch unter dem Dach zu haben. Vor wenigen Jahren wurde das Überlaufrohr dieser Quelle undicht und wir mussten den Kellerboden aufreißen und schachten, bis wir die Ursache des plötzlich feuchten Mauerwerkes fanden. Das Alter der gefundenen Tonrohre war nicht sicher zu bestimmen, da auch das Alter des Hofes nur grob bekannt ist (geschätzt 1800...1850). Über 100 Jahre dürften die Rohre sicherlich alt gewesen sein, womöglich lagen sie aber auch seit Gründung der Hofstelle dort.
Beim Walther-Hof führte der verrohrte Überlauf des Wasserhauses (und des im Haus liegenden Troges) unter dem Hof hindurch in Richtung Garten. In sicherer Entfernung endete das Rohr in einer großen Sickergrube. Dank der darüber austretenden Wassermengen brauchte man den Garten praktisch nicht bewässern. Auch der Acker hatte zwar ein Problem mit der Bodenqualität, aber nie mit dem Wasser - nach unten hin hielt der steinige Grund den Wasserstand auf der Felszunge angenehm hoch.
Mit dem Bahnbau wurde natürlich auch diese Verbindung durchtrennt. Der Überlauf endet jetzt oberhalb des einzeln liegenden Felses im neu geschaffenen Hang. Man erkennt dies gut daran, dass die Büsche in diesem Bereich deutlich höher und dichter stehen. Auch der Bewuchs am Hang ist dunkler und grüner - neben dem starken Graswuchs vermoost der Boden hier sehr schnell. Das Wasser sickert den Hang hinunter und sammelt sich zum Teil auch im hangseitigen Graben der Bahnstrecke. In diesem Graben steht trotz aller Pflege das Gras, während die gegenüberliegende Seite fast trocken liegt.
Seitdem leidet der Garten unter Wassermangel - ein Thema für den nächsten Teil der Geschichte.
PS: Den Bau der Hofgebäude beschreibe ich mal separat
in meinem Bastelfred.