Unerschöpflich: "gewordene" Endbahnhöfe
Endbahnhöfe sind modellbahnerisch interessant, weil sie stets Rangiermanöver erfordern und nur einseitig an die "große weite Welt" angeschlossen werden müssen, was per se platzsparend ist.
Eines meiner Lieblingsthemen sind "gewordene Endbahnhöfe", siehe z. B. Post 144 ff. in diesem Thread. Gewordene Endbahnhöfe waren nicht als Streckenendpunkte geplant, sondern sind beispielsweise a) durch geänderte Grenzziehungen oder b) Stilllegung bzw. Abbau von Streckenabschnitten zu Endbahnhöfen geworden. Ein Beispiel für a) war Seebad Ahlbeck auf Usedom, für b) stand zum Beispiel Bresewitz an der Darßbahn. Der mMn auffälligste Unterschied zwischen echten und gewordenen Endbahnhöfen sind die fehlenden oder später ergänzten Lokbehandlungsanlagen bei den gewordenen Endbahnhöfen.
Mein Ziel ist, solche Vorbildsituation jeweils in der einfachst möglichen Ausführung zu finden. Dafür ist nicht nur Deutschland eine Fundgrube, sondern vor allem sind es jene Länder, die einst zur österreich-ungarischen Krone gehörten. Dazu müssen wir kurz auf ein paar Basics eingehen:
So, wie im westlichen und nördlichen Polen viele Bahnhöfe ihre preußische Herkunft nicht verleugnen können, sind viele Stationen in Ostmittel- und Südosteuropa eindeutig österreichischer Provenienz. Das heißt, dass ihr Gleisplan typische Elemente aufweist und die Bauten in der Regel Variationen bestimmter Grundtypen sind. Der Gleisplan der typischen k.-u.-k.-Lokalbahnstation an eingleisiger Strecke entwickelt sich aus dem durchgehenden Streckengleis/Hauptgleis heraus. In der Regel gibt es ein beidseitig angebundenes Ladegleis, an dem Güterschuppen, Rampe und Ladestraße liegen, dazwischen oder an einem Ende der Sequenz steht das Empfangsgebäude, das hier "Aufnahmsgebäude" (AG) heißt. Durch diesen Grundentwurf musste die Station straßenseitig nur von einer Seite her erschlossen werden. Hieraus ergab sich aber auch der Umstand, dass die typische k.-u.-k.-Lokalbahnstation keinen Hausbahnsteig hat, sondern stets einen oder mehrere schmale Zwischenbahnsteige aufweist. Denn unmittelbar vor dem AG verläuft ja das Ladegleis. Ich habe mal eine kleine Skizze angefertigt, die schematisch eine sogenannte "Halte- und Ladestelle" (H. u. Lst.) sowie einen auf denselben Entwurfsprinzipien beruhenden Kreuzungsbahnhof zeigt:
Das heißt: die meisten gewordenen Endbahnhöfe in der ehemaligen Donaumonarchie dürften auf diese Grundformen zurückgehen bzw. genauso aussehen.
Eine Gegend, in der ich viele gewordene Endbahnhöfe vermutete und auch gefunden habe, ist das Banat. Das Banat gehörte etwa ab Anfang des 18. Jahrhundertes zu Österreich-Ungarn, genauer: zum Königreich Ungarn. Teilweise wurde es mit Deutschen besiedelt ("Banater Schwaben"). Durch die Zerschlagung Ungarns nach dem Ersten Weltkrieg in Folge des Vertrages von Trianon kamen ein Drittel des Banats zu Serbien (bzw. dem Vorläufer des späteren Jugoslawiens), zwei Drittel mit der Hauptstadt des Banats, Timișoara/Temesvar, zu Rumänien. Der nordwestlichste Zipfel des Banats, südlich von Szeged, verblieb bei Ungarn. Die Landschaft, vor allem die landwirtschaftlich geprägte Tiefebene war (und ist) von vielen Neben- und Lokalbahnen durchzogen, die durch die Aufteilung unterbrochen wurden. Zwischen dem Fluss Marosch im Norden und der Donau im Süden (Eisernes Tor) zähle ich allein 15 ehemals grenzüberschreitende Verbindungen. Gewordene Endbahnhöfe finden sich heute fast ausschließlich auf rumänischer Seite: 7 von 8 Endbahnhöfen in Grenznähe waren bis 1920 keine. Lediglich der Bahnhof Bela Crkva ganz im Süden des Banats ist auf serbischer Seite als gewordener Endbahnhof verblieben. Alle anderen gekappten Strecken im serbischen Teil des Banats wurden ab den dortigen Knotenbahnhöfen stillgelegt und großenteils abgebaut.
Kommen wir nun zu den End- und Grenzbahnhöfen im rumänischen Banat, das im äußersten Westen des Landes liegt. Zur Übersicht sei auf die -> Karte der rumänischen Kursbuchstrecken verwiesen. Die Bahnhöfe sind von Norden nach Süden geordnet:
(1) Cenad/Tschanad
(2) Vălcani/Walkan
(3) (Nerău/Nero)
Jimbolia/Hatzfeld (Grenzübergang nach Serbien)
(4) Ionel/Johannisfeld
(5) Cruceni/Kreuzstätten
(6) Giera/Gier ( - Jebel -> Liebling)
(7) Jamu Mare/Großscham
(8) Iam
Alle sind eindeutig auf Basis des Gleisplans und der Bauten als alte k.-u.-k.-Stationen identifizierbar. Keine hat mehr als drei durchgehende Gleise, von denen aber die wenigsten heute unter all dem Unkraut noch erkennbar sind. Ältere Aufnahmen zeigen jedoch, dass früher gelegentlich der Unkrautbekämpfungszug vorbeikam. Ansonsten muss man bei der Betrachtung der Bilder aber als Eisenbahnfreund/in tapfer sein oder ein Faible für morbiden Charme und "lost places" haben. Im Personenverkehr werden heute nach meinem Verständnis noch Cenad, Vălcani und Cruceni bedient - in der Regel mit alten französischen Triebwagen. Nach Giera gibt es noch Güterverkehr. Grenzüberschreitender Schienenpersonennahverkehr über Jimbolia und Moravita existiert wohl nicht mehr.
Nerau war im Gegensatz zu den anderen Stationen schon immer Endbahnhof und weist auch die Ruine eines Lokschuppens auf. Ausgangspunkt der Strecke nach Nerau war Kikinda, seit der Teilung in Serbien liegend und mittlerweile betrieblich zur Spitzkehre geworden. Durch die Aufteilung des Banats war der rumänische Abschnitt nicht mehr ans Netz angebunden. Die rumänische Staatsbahn errichtete aber eine Neubaustrecke von der weiter südlich gelegenen Verbindung Lovrin (RO)-Kikinda (SRB), selbige bei Comlosu Mare/Komlosch ebenfalls unterbrochen, nach Teremia Mare/Marienfeld an der Strecke Kikinda-Nerau, sodass die Bahnanbindung von Nerau - nun aber mit völlig anderem Anschlussbahnhof - wiederhergestellt war.
Interessant ist auch Giera: Hier endet das Streckengleis als Anschluss in einen landwirtschaftlichen Betrieb. Anschlussbahnhof nach Giera ist Jebel an der grenzüberschreitenden Hauptstrecke Timișoara-Belgrad. Von dort führt wiederum eine Nebenbahn weiter in den einst deutsch besiedelten Ort Liebling, der bis heute tatsächlich so heißt.
Die Banater Grenzbahnhöfe Jimbolia und Moravița sind relativ umfangreich, sodass ich sie hier nicht weiter betrachtet habe.
Endbahnhöfe sind modellbahnerisch interessant, weil sie stets Rangiermanöver erfordern und nur einseitig an die "große weite Welt" angeschlossen werden müssen, was per se platzsparend ist.
Eines meiner Lieblingsthemen sind "gewordene Endbahnhöfe", siehe z. B. Post 144 ff. in diesem Thread. Gewordene Endbahnhöfe waren nicht als Streckenendpunkte geplant, sondern sind beispielsweise a) durch geänderte Grenzziehungen oder b) Stilllegung bzw. Abbau von Streckenabschnitten zu Endbahnhöfen geworden. Ein Beispiel für a) war Seebad Ahlbeck auf Usedom, für b) stand zum Beispiel Bresewitz an der Darßbahn. Der mMn auffälligste Unterschied zwischen echten und gewordenen Endbahnhöfen sind die fehlenden oder später ergänzten Lokbehandlungsanlagen bei den gewordenen Endbahnhöfen.
Mein Ziel ist, solche Vorbildsituation jeweils in der einfachst möglichen Ausführung zu finden. Dafür ist nicht nur Deutschland eine Fundgrube, sondern vor allem sind es jene Länder, die einst zur österreich-ungarischen Krone gehörten. Dazu müssen wir kurz auf ein paar Basics eingehen:
So, wie im westlichen und nördlichen Polen viele Bahnhöfe ihre preußische Herkunft nicht verleugnen können, sind viele Stationen in Ostmittel- und Südosteuropa eindeutig österreichischer Provenienz. Das heißt, dass ihr Gleisplan typische Elemente aufweist und die Bauten in der Regel Variationen bestimmter Grundtypen sind. Der Gleisplan der typischen k.-u.-k.-Lokalbahnstation an eingleisiger Strecke entwickelt sich aus dem durchgehenden Streckengleis/Hauptgleis heraus. In der Regel gibt es ein beidseitig angebundenes Ladegleis, an dem Güterschuppen, Rampe und Ladestraße liegen, dazwischen oder an einem Ende der Sequenz steht das Empfangsgebäude, das hier "Aufnahmsgebäude" (AG) heißt. Durch diesen Grundentwurf musste die Station straßenseitig nur von einer Seite her erschlossen werden. Hieraus ergab sich aber auch der Umstand, dass die typische k.-u.-k.-Lokalbahnstation keinen Hausbahnsteig hat, sondern stets einen oder mehrere schmale Zwischenbahnsteige aufweist. Denn unmittelbar vor dem AG verläuft ja das Ladegleis. Ich habe mal eine kleine Skizze angefertigt, die schematisch eine sogenannte "Halte- und Ladestelle" (H. u. Lst.) sowie einen auf denselben Entwurfsprinzipien beruhenden Kreuzungsbahnhof zeigt:
Das heißt: die meisten gewordenen Endbahnhöfe in der ehemaligen Donaumonarchie dürften auf diese Grundformen zurückgehen bzw. genauso aussehen.
Eine Gegend, in der ich viele gewordene Endbahnhöfe vermutete und auch gefunden habe, ist das Banat. Das Banat gehörte etwa ab Anfang des 18. Jahrhundertes zu Österreich-Ungarn, genauer: zum Königreich Ungarn. Teilweise wurde es mit Deutschen besiedelt ("Banater Schwaben"). Durch die Zerschlagung Ungarns nach dem Ersten Weltkrieg in Folge des Vertrages von Trianon kamen ein Drittel des Banats zu Serbien (bzw. dem Vorläufer des späteren Jugoslawiens), zwei Drittel mit der Hauptstadt des Banats, Timișoara/Temesvar, zu Rumänien. Der nordwestlichste Zipfel des Banats, südlich von Szeged, verblieb bei Ungarn. Die Landschaft, vor allem die landwirtschaftlich geprägte Tiefebene war (und ist) von vielen Neben- und Lokalbahnen durchzogen, die durch die Aufteilung unterbrochen wurden. Zwischen dem Fluss Marosch im Norden und der Donau im Süden (Eisernes Tor) zähle ich allein 15 ehemals grenzüberschreitende Verbindungen. Gewordene Endbahnhöfe finden sich heute fast ausschließlich auf rumänischer Seite: 7 von 8 Endbahnhöfen in Grenznähe waren bis 1920 keine. Lediglich der Bahnhof Bela Crkva ganz im Süden des Banats ist auf serbischer Seite als gewordener Endbahnhof verblieben. Alle anderen gekappten Strecken im serbischen Teil des Banats wurden ab den dortigen Knotenbahnhöfen stillgelegt und großenteils abgebaut.
Kommen wir nun zu den End- und Grenzbahnhöfen im rumänischen Banat, das im äußersten Westen des Landes liegt. Zur Übersicht sei auf die -> Karte der rumänischen Kursbuchstrecken verwiesen. Die Bahnhöfe sind von Norden nach Süden geordnet:
(1) Cenad/Tschanad
(2) Vălcani/Walkan
(3) (Nerău/Nero)
Jimbolia/Hatzfeld (Grenzübergang nach Serbien)
(4) Ionel/Johannisfeld
(5) Cruceni/Kreuzstätten
(6) Giera/Gier ( - Jebel -> Liebling)
(7) Jamu Mare/Großscham
(8) Iam
Alle sind eindeutig auf Basis des Gleisplans und der Bauten als alte k.-u.-k.-Stationen identifizierbar. Keine hat mehr als drei durchgehende Gleise, von denen aber die wenigsten heute unter all dem Unkraut noch erkennbar sind. Ältere Aufnahmen zeigen jedoch, dass früher gelegentlich der Unkrautbekämpfungszug vorbeikam. Ansonsten muss man bei der Betrachtung der Bilder aber als Eisenbahnfreund/in tapfer sein oder ein Faible für morbiden Charme und "lost places" haben. Im Personenverkehr werden heute nach meinem Verständnis noch Cenad, Vălcani und Cruceni bedient - in der Regel mit alten französischen Triebwagen. Nach Giera gibt es noch Güterverkehr. Grenzüberschreitender Schienenpersonennahverkehr über Jimbolia und Moravita existiert wohl nicht mehr.
Nerau war im Gegensatz zu den anderen Stationen schon immer Endbahnhof und weist auch die Ruine eines Lokschuppens auf. Ausgangspunkt der Strecke nach Nerau war Kikinda, seit der Teilung in Serbien liegend und mittlerweile betrieblich zur Spitzkehre geworden. Durch die Aufteilung des Banats war der rumänische Abschnitt nicht mehr ans Netz angebunden. Die rumänische Staatsbahn errichtete aber eine Neubaustrecke von der weiter südlich gelegenen Verbindung Lovrin (RO)-Kikinda (SRB), selbige bei Comlosu Mare/Komlosch ebenfalls unterbrochen, nach Teremia Mare/Marienfeld an der Strecke Kikinda-Nerau, sodass die Bahnanbindung von Nerau - nun aber mit völlig anderem Anschlussbahnhof - wiederhergestellt war.
Interessant ist auch Giera: Hier endet das Streckengleis als Anschluss in einen landwirtschaftlichen Betrieb. Anschlussbahnhof nach Giera ist Jebel an der grenzüberschreitenden Hauptstrecke Timișoara-Belgrad. Von dort führt wiederum eine Nebenbahn weiter in den einst deutsch besiedelten Ort Liebling, der bis heute tatsächlich so heißt.
Die Banater Grenzbahnhöfe Jimbolia und Moravița sind relativ umfangreich, sodass ich sie hier nicht weiter betrachtet habe.
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