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Bemerkenswerte Vorbildgleispläne und -situationen

Jepp, ein sehr schöner Fund, noch zumal an meiner "Heimatstrecke" Magdeburg-Halberstadt-Thale! Das ich da noch nicht selbst drauf gekommen bin...😆 ich würde das in jedem Fall als eine betrieblich ziemlich aufwändige Ausweichanschlussstelle bezeichnen!
 
Hier steht gerade ein Zug zur Ausfahrt (nach rechts) bereit. Weiter rechts ist die Verladeeinrichtung.
Screenshot_20231223-214842.png
 
Liest sich wie ein normaler Anschlussbahnhof. Zugfahrten können (auch heute noch?) ggf. an einer H-Tafel enden.
Dann wird rangiert und irgendwann als Zug wieder ausgefahren …
Grüße Ralf
Leider ist in openrailwaymap.org keine Signalisierung hinterlegt. In GoogleMaps erkennt man aber in Richtung Halberstadt links des Gleises die Schatten zweiter Lichtsignale. Ich vermute daher, dass sich die Anschlussweiche formal innerhalb des Bahnhofs Quedlinburg befindet und das Ziehgleis als Bahnhofsgleis über ein eigenes Ausfahrsignal verfügt.
 
Frohe Weihnachten!

Wo wir bei entfernten Bahnhofsgleisen mit Ausfahrsignal sind, fällt mir wieder ein schönes Beispiel aus eigener Anschauung ein: Das liegt auch noch sehr schön zwischen einem alten Stück Stadtmauer und einem ehemaligen Kloster in Boppard an der linken Rheintalstrecke: der (End-)Haltepunkt Boppard Süd. Alles wichtige zur Entstehung gibt‘s
-> hier in der Wikipedia.
-> Und hier die Planausgabe mit Signalisierung.
 
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Ein Bahnhof nur für Insider

Zu den von mir gesuchten Vorbildsituation gehören auch kleine Anschluss- und Trennungsbahnhöfe. Dafür kehre ich gedanklich nochmal zurück auf die grüne Insel, in die Republik Irland, County Mayo. Dort teilt sich die von Dublin kommende Strecke in zwei Äste - einen nach Westport, einen nach Ballina. Diese Stationen wären für sich genommen schon schöne Beispiele für kleine, "gewordene" Endbahnhöfe (aber mit Fernzugverkehr!). ABER: Der Anschluss- bzw. Trennungsbahnhof Manulla Junction hat es jedoch irgendwie in sich. Nicht, weil er so beeindruckend wäre - wie soll das auch gehen mit zwei Gleisen, zwei Weichen, einem Inselbahnsteig und ohne Umfahrungsmöglichkeit? Nein, der Punkt ist: in Manulla Junction kann man zwar um- aber nicht zu- und aussteigen. Der Bahnsteig hat keinen Zugang von außen. Ich hab's auch ausprobiert: auf der Buchungsplattform von Transport for Ireland kann man keine Fahrten ab oder nach Manulla Junction buchen. Man muss also ein "Insider" sein - sprich: Bahnreisender, um seinen Fuß oder Rolli auf den Bahnsteig von Manulla Junction setzen zu können.
Derlei habe ich hierzulande noch nicht finden können.

-> Link zu Google Maps
-> der deutsche Wikipedia-Eintrag (länger als der englische)
-> Link zu openrailwaymap.org
 
Ich denke wir sehen einen schleichenden Rückbau kurz vor seiner Vollendung. Für mehr müsste man die Anlieger oder eventuelle politische bzw. strategische Überlegungen kennen. Wobei gegen Letzteres der Abbau des Gleises nach Killala spricht. Man kann die Gegend auch per Street View erkunden. Da ist wirklich nichts.

Gruss, iwii
 
Hallo.

Bevor ich mich für ein anderes Vorbild entschieden habe, war der alte Miltenberger Bahnhof in der engeren Auswahl. Das spannende hieran fand ich, dass die Züge die von Aschaffenburg gekommen sind und nach Wertheim weiterfuhren, aus dem Bahnhof wieder herausgedrückt werden mussten.
Nach Seckach, oder Aschaffenburg musste umgesetzt werden. Auf der linken Mainseite war (ist) noch ein zweiter Bahnhof, der danach angefahren wurde.
Betrieblich definitiv sehr interessant, wie ich finde.

Grüße
Long John
 
Moin,
Lauscha finde ich auch immer wieder interessant - weil der Modellbahner ja auch immer keinen Platz hat, genau wie die Bahn dort.

Oder das Bw Guben. Das lag ca. einen Kilometer vom Bahnhof weg im nirgendwo.... Da kann man getrost ein Betriebswerk neben die Strecke setzen und behaupten, der zugehörige Bahnhof liegt um die Ecke.

Grüße Ralf
 
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... Manulla Junction ...
Ach, wo wir schon bei putzigen (liebenswert verschrobenen?) Stationen auf den Inseln sind, noch zwei Beispiele aus merry old England ...

Bourne End (Buckinghamshire): War mal Abzweigstation der Strecke nach Marlow von der Strecke Maidenhead - High Wycombe, ist seit Einstellung des Abschnitts Bourne End - High Wycombe nur noch Zwischenstation in Kopfform mit zwei Seitenbahnsteigen. Quer über die alte Strecke wurde ein Querbahnsteig gebaut. Man kann auch nur vom "down"- (nördlichen) Gleis an Bahnsteig 1 nach Marlow weiter, es gibt keine Kreuzung und Weiche, die das vom "up"-Gleis (Bahnsteig 2) erlaubt. Die Strecke zwischen Maidenhead und Bourne End ist auch nur noch eingleisig.

Morecambe (Lancashire): Ersetzt eine weiter westlich gelegene Zwischenstation in Kopfform. Inselbahnsteig, zwei Bahnsteiggleise, ein Umfahrgleis am südlichen Bahnsteig (braucht man für gelegentliche Güterzüge von und zu den Kernkraftwerken in Heysham). Das nördliche Gleis hat keine Verbindung zum südlichen, erst nach der nächsten Station (Bare Lane) liegt eine Weiche. Vom südlichen Gleis kann man nach Lancaster oder nach Heysham Port und zu den Kraftwerken fahren, vom nördlichen nur nach Lancaster. Früher gab's auch noch eine Strecke von Morecambe nach Wenningham, ein Stück weit mehr oder minder am Fluss Lune entlang und mit einer Station im Dorf Hornby ;-)

Keine Station, aber eine Ausrede für scharfe Kurven: Bei Firsby auf der Strecke Grantham - Skegness in Lincolnshire gibt es eine 112-Grad-Kurve (grob gemessen). Die kommt daher, weil die noch vorhandene Strecke aus Teilen von teilweise stillgelegten zusammengestückelt ist und eine Verbindungskurve genutzt wurde. Durch teilweisen Neubau abkürzen konnte oder wollte man nicht. Deswegen schlägt die Eisenbahn nun in einer dünn besiedelten Gegend einen seltsamen Haken.

Martin
 
Vielen Dank für's Aufnehmen des Passes, Martin! Wie es zu solchen Entwicklungen im Vereinigten Königreich kam, muss man vielleicht erklären: Das Mutterland der Eisenbahn hatte Dank eines ausgeprägten privaten Eisenbahnwesens einst das wohl dichteste Streckennetz der Welt. Dieses begann teilweise schon vor dem Zweiten Weltkrieg wieder zu schrumpfen. Die vielen kleinen und großen Privatbahnen wurden zu wenigen großen Verbünden gruppiert und gingen schließlich in der Staatsbahn British Railways auf. Heute, nach der Privatisierung ist die Eisenbahnlandschaft wieder sehr bunt.
Die große Axt wurde an das Streckennetz aber nicht im Zuge dieser Privatisierung ab den 90ern, sondern bereits in der Staatsbahn-Ära unter einem gewissen Herrn Beeching, Direktor von British Railways 1961-1965, angelegt ("The Beeching Axe"). Im Ergebnis wurde das Netz in der Fläche erheblich ausgedünnt und es blieben Strecken-Stümpfe und -Äste übrig, die mit den historisch gewachsenen Verbindungen häufig nicht mehr allzuviel gemein haben. Daher finden sich auch viele "gewordene" Endbahnhöfe und eben auch einige "gewordene" Spitzkehren auf der Insel... Wobei die Insellage eben auch bedingt, dass es jede Menge "echte" kleine Kopf- und Endbahnhöfe in den vielen kleinen Küstenstädten gab und gibt.

Zurück zu den Spitzkehren:

Martins Bourne End und Morecambe sind schon sehr minimalistisch, die maximal reduzierte Spitzkehre ist aber Bere Alston an der Tamar Valley Line Plymouth-Gunnislake in Devon, im Südwesten Englands (Sehr schön dort! Wer kann, sollte hinreisen. Ich hatte das Glück, vorm Brexit mal dienstlich hinfahren zu dürfen.) Obwohl betrieblich nur noch ein Schatten seiner selbst, sind sehr schöne Details des ehemaligen Trennungsbahnhofs erhalten geblieben: Das Empfangsgebäude mit Bahnsteigdach und die sehr pittoreske "signal box" (= Stellwerk) am heute gleislosen Außenbahnsteig, der früher ein breiter Inselbahnsteig war. Die einzige Weiche, die die Station zur Spitzkehre macht, liegt betriebsgünstig direkt am Ende des Hausbahnsteigs. Signale sind nicht vorhanden, wahrscheinlich wird die Strecke als Stichstreckenblock betrieben. Hier sind -> Luftbild, -> Plan und -> Wikimedia-Fotostrecke.

Mit Coombe Junction findet sich eine andere minimalistische Spitzkehre ebenfalls im Südwesten, in Cornwall an der Looe Valley Line. Eigentlich sieht das Ganze wie ein ehemaliger Anschlussbahnhof aus, aber für Personenzüge von Liskeard nach Looe war der Bahnhof verkehrlich immer schon eine Spitzkehre. (Übrigens verdient auch der Anschlussbahnhof Liskeard an der Cornish Mainline besondere Beachtung!) Die über Coombe Junction nach Moorswater weiterführende Strecke diente und dient meines Wissens nur dem Güterverkehr, zuletzt vor allem dem Anschluss einer Kaolingrube in Moorswater. -> Hier gibt es von Coombe Junction einen Gleisplan der Periode 1930 bis ca. 1956. Die betrieblichen Veränderungen im Laufe der Zeit werden auf -> dieser Seite schön dokumentiert. Die heutige Situation lässt sich wiederum Dank -> Wikimedia Fotostrecke und -> Karte in openrailwaymaps gut nachvollziehen. In Google Maps sieht man nicht allzuviel, da vieles unter großen Bäumen versteckt liegt. Und noch ein interessanter Aspekt aus dem Wikipedia-Artikel: "Mit 26 Ein- und Ausstiegen zwischen April 2014 und März 2015 war (...) [Coombe Junction Halt] der am zweitwenigsten genutzte Bahnhof in Großbritannien in diesem Jahr" (eigene Übersetzung).
 
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"Mit 26 Ein- und Ausstiegen zwischen April 2014 und März 2015 war (...) [Coombe Junction Halt] der am zweitwenigsten genutzte Bahnhof in Großbritannien in diesem Jahr"
Wobei zu bemerken wäre, dass dort nicht mal alle Züge bis an den Bahnsteig fahren, m. a. W. also ohne Verkehrshalt halten. Da kann ja nicht viel Betrieb sein. Könnte mir vorstellen, dass geizige Liskearder sonst nach Coombe Junction 'runter laufen, wenn sie nach Looe fahren wollen ;-)

Liskeard ist übrigens wirklich ein verschärfter Gleisplan: Linkskurve 'raus aus dem Bahnhof, auf der Innenseite derselben noch ein Stumpfgleis mit Bahnsteig für die Pendelzüge. Dann eine enge Rechtskurve um rund 180 Grad und unter der Cornish Main Line durch nach Coombe Junction. Aber was schreib ich da, seht's euch auf der Landkarte an.

Fast schon pervers war der Gleisplan des inzwischen von der Landkarte verschwundenen Bahnhofs Barnard Castle, den ich vor 2 1/2 Jahren schon mal in anderem Zusammenhang erwähnte, aber hier passt er richtig gut 'rein. Dort trafen sich drei zweigleisige Strecken, und es gab nur einen Bahnsteig für durchgehende Züge und zwei Kopfbahnsteige (D. St John Thomas & P. Whitehouse, The Great Days of the Country Railway, Newton Abbot 1986, p. 162).

Martin
 
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Wobei zu bemerken wäre, dass dort nicht mal alle Züge bis an den Bahnsteig fahren, m. a. W. also ohne Verkehrshalt halten. Da kann ja nicht viel Betrieb sein. Könnte mir vorstellen, dass geizige Likearder sonst nach Coombe Junction 'runter laufen, wenn sie nach Looe fahren wollen ;-)
...wenn man gut zu Fuß ist, kann man wohl zumindest bergab von Liskeard nach Coombe Junction den Zug schlagen. :sporty:
 
Ich denke wir sehen einen schleichenden Rückbau kurz vor seiner Vollendung. (...)
Das sehe ich nicht so. Im Gegenteil: Manulla Junction ist erst kürzlich durch den Einbau der zweiten Weiche und die Verlängerung des Bahnsteigs am durchgehenden Hauptgleis wieder aufgewertet worden. Das steht für mich auch ein bisschen für die Entwicklung der Eisenbahn in Irland: lange war Schrumpfen und die Konzentration der Verbindungen auf Dublin angesagt. Mittlerweile wird kräftig in neues Rollmaterial investiert, und sinnvolle regionale Netzergänzungen werden sogar wieder aufgebaut. Das betrifft die Tangentialverbindung im Westen, mit der wieder direkte Verbindungen zwischen den Städten in der Mitte und an der Westküste möglich sind - ohne den weiten Umweg über die Hauptstadt an der Ostküste.
 
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durch den Einbau der zweiten Weiche und die Verlängerung des Bahnsteigs am durchgehenden Hauptgleis wieder aufgewertet worden
Ich habe keine Ahnung, welche Zuglängen dort verkehren. Vielleicht sind einfach nur die 22000er länger geworden und die Vorschriften verlangen entsprechende Bahnsteige :nixweiss: So wie ich das verstanden habe, wurde die Weiche nur auf die andere Bahnhofseite verlegt. Ich vermute mal, damit Güterzüge von/nach Ballina kreuzen können, während der Class-2800 auf dem zweiten Gleis abgestellt ist.

Gruss, iwii
 
@iwii: Na doch immerhin! Vorher war keine Kreuzung von/nach Ballina möglich, da gab es nur eine Weiche -> siehe Foto. Und die besagte, nunmehr mögliche Kreuzung mit einem Güterzug von Ballina ist hier großartig im Video dokumentiert.

...aber tatsächlich: laut railfaneurope.net wurden bzw. werden 22 Züge der IE-Baureihe 220X1 zu sechsteiligen Einheiten erweitert (Link). Auf Fotos von Westport sind Doppeltraktionen und Sechsteiler erkennbar.
 
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Anschlussbahn, aber ganz woanders...

Hallo zusammen,

heute gibt's was Neues, das nicht zu meinen hier vor 10 Jahren mal gebildeten Kategorien passt (keine Panik, die wärme ich jetzt nicht auf :happy:). Allerdings schließt es mehr oder weniger direkt an Post #355 von Holger und fortfolgende zur Baustoffverladung in Quedlinburg an. Diesmal geht es auch nicht ganz so weit weg sondern "nur" in die Schweiz.

Das Thema ist Schotter. Bahnschotter. Einer der wichtigsten Lieferenten in der Schweiz ist die AG Balmholz, die einen Steinbruch mit Schotterwerk in der Beatenbucht am Thunersee betreibt. Wenn man sich das Werk im -> Satellitenbild anschaut, fällt eines auf:
kein Bahnanschluss! :gruebel:

...okay, völlig "unbeleckt" von der Bahn war die Beatenbucht historisch gesehen nicht. Quasi vor der Tür des Schotterwerks führte bis 1939 die Rechtsufrige Thunerseebahn Steffisburg-Thun-Interlaken vorbei, eine Überlandstraßenbahn. Möglich, dass die auch Schotter abtransportierte, verfügte sie doch über 5 offene Güterwagen.

Zurück zum Thema: Geht das - ein Bahnschotterproduzent ohne Bahnanschluss? Nunja, 65 Prozent der Produktion verlassen das Werk über die Straße. Aber die restlichen 35 Prozent gehen tatsächlich auf die Bahn. Wie das? Ganz einfach: das Werksgelände liegt unmittelbar am Thunersee und hat eine schätzungsweise 50 Meter kurze Kaikante. Dort wird Schotter auf Frachtkähne verladen und dann zum eigentlichen Bahnanschluss geschippert. Selbiger befindet sich in rund 15 Kilometer Entfernung vom Steinbruch, quasi innerstädtisch in Thun am Abfluss der Aare aus dem Thunersee (-> Satellitenbild, -> Openrailwaymap, -> Gleisplan 1997 (Blatt 2 rechts oben)). Wir sehen dort also einen Schotterwerks-Gleisanschluss ohne Brecherwerk und die anderen typische Attribute, dafür mit vier Ladegleisen, einem Freilager, Kaikante und einem schönen Portalkran, der den Schotter aus den Kähnen schaufelt und entweder direkt in bereitstehende Wagen verladen oder im Freilager deponieren kann. Die Ladegleise sind Kopfgleise und nur über eine doppelte Spitzkehre(!) an das Hausbahnsteiggleis(!) des Thuner Bahnhofs angebunden sowie über eine weitere DKW mit dessen Gütergleisen verknüpft. Der Anschluss ist nicht elektrifiziert, hat also auch Diesellokklassiker wie die SBB Bm 4/4 gesehen (-> siehe Video).

Der Lokalpresse war zu entnehmen, dass diese Bahn-Herrlichkeit in Thun aber in naher Zukunft passé sein wird. Die Grundstücke südöstlich des Bahnhofs einschließlich der Schotter-Schiffslände sind aus immobilienwirtschaftlicher Sicht zu wertvoll für die jetzige Nutzung; hier soll offenbar ein neues Stadtquartier entwickelt werden. Die Schotter-Schnittstelle zwischen Schiff und Bahn soll dafür ans andere Ende des Thunersees umziehen; geplant ist ein Standort auf dem Bödeli zwischen Thuner- und Brienzersee, nahe dem Bahnhof Interlaken West.
In meinen nächsten Beitrag schaue ich mich dort in der Nähe noch einmal genauer um.
 
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Noch mehr Steine...

Hallo zusammen,

wie angekündigt bleibe ich in diesem Beitrag weiterhin am Thunersee. Darüber hinaus bleibe ich auch beim Thema der Bahnverladung von mineralischen Rohstoffen. Wir wandern mit dem Finger auf der Landkarte von der Beatenbucht unmittelbar nach Süden auf das gegenüberliegende, linke* Thunerseeufer (*links, weil das Aare-abwärts gesehen - die Aare durchfließt den Thunersee - das linke Ufer ist).

Dort befindet sich an der Gemeindegrenze zwischen Krattigen und Leissigen der Gipssteinbruch der Vigier Ciments SA (-> Satellitenbild). Produkte sind gebrochene Gipssteine und gemahlener Gipsstaub. Letzterer wird für die Herstellung von Rigipsplatten verwendet, erstere gehen in die Zementproduktion. Die Bahnverladung befindet sich nördlich des Steinbruchs am Seeufer. Der "Verladebahnhof" heißt Leissigbad. Tatsächlich ist es kein Bahnhof, sondern eine Ballung von 3 Anschlussgleisen mit 4 handbedienten Schlüsselweichen, die da wären: Gipsfabrik (Rigips), Steinverladung (Vigier Ciments) und ein Agl. der oben schonmal erwähnten AG Balmholz. Der Gipsstaub wird bei der Gipsmühle (Bad 3-9) in Staubsilowagen verladen, die Gipssteine in der Verladeanlage südlich der Bahn (Bad 18) in Selbstentladewagen.
Das ist an sich alles nicht ungewöhnlich, aber irgendwie schon bemerkenswert, denn wir befinden uns hier an der dicht belegten eingleisigen Hauptstrecke Spiez-Interlaken, die internationalen Schnellzugverkehr aufweist. Die Anschlüsse in Leissigbad werden aber mit Sperrfahrten bedient, also Rangierfahrten, für die die Hauptstrecke gesperrt wird. Und das letztlich alles, weil es am südlichen, linken Thunerseeufer in diesem Bereich modellbahngerecht wahnsinnig eng zugeht. Hier bekommt man als Modellbahner also eine Begründung, warum durch die kleine Anschlusstelle ohne Signale, die man da so darstellt, der Orientexpress rauscht :top:.

Die Anschlussbedienung funktioniert so: Leissigbad liegt zwischen dem zweigleisigen Betriebsbahnhof Krattighalde und dem mehrgleisigen Bahnhof Leissigen. Die Bedienung der Anschlüsse erfolgt immer von Thun her über Spiez, also von Westen kommend. Die Bedienfahrten verkehren als Zugfahrten von Spiez bis Krattighalde, von dort als Rangier- bzw. Sperrfahrt nach Leissigbad. Nach der Anschlussbedienung fährt entweder die Lok allein zurück zur Krattighalde oder die Lok mit Wagen weiter nach Leissigen. Zurück in Krattighalde wird die Lok bzw. in Leissigen angekommen wird die Rangiereinheit wieder zum Zug und die Strecke ist wieder frei. In Leissigen wechselt die Lok ans andere Ende ihres Güterzugs, der dann zurück durch Leissigbad, Krattighalde und Spiez nach Thun fährt.
Es gibt zwei tägliche Zeitfenster für Bedienfahrten. Nachts werden leere Fals-Wagen bei der Gipssteinverladung bereitgestellt, die Lok fährt dann Lz zurück. Nachmittags werden bei Bedarf leere Staubsilowagen für die Gipsmühle zugestellt, beladene aufgenommen und mit den mit Gipssteinen beladenen Wagen zusammen nach Leissigen abgefahren. Die Einheiten für den Gipsstaub bestehen aus 1 bis 4 Staubsilowagen, für die Gipssteine habe ich im Netz jeweils 6 bis 8 Selbstentladewagen gesehen. Zugloks sind entweder die Re420 oder die bimodale Eem923.

Die Strecke ist wie gesagt dicht belegt, und daher gibt es Planungen, Leissigbad zu einem Anschlussbahnhof mit Signalen, Schutzweichen und einer Seilverschubanlage bei der Gipssteinverladung umzubauen. Dadurch könnten Zugfahrten in Leissigbad beginnen und enden, das Kopfmachen in Leissigen würde entfallen und die Strecke wäre schneller wieder für andere Zugfahrten frei.

Da das jetzt alles eine Menge Holz war, habe ich eine kleine schematische Handskizze gemacht für die aktuelle und die geplante Situation:

Jan. 14, Dok. 1.jpg

Nicht dargestellt sind die Einfahrsignale, und den AG-Balmholz-Anschluss habe ich nur angedeutet. In Leissigen habe ich die Bahnhofsköpfe falsch herum gezeichnet, aber das ist mMn zum grundlegenden Verständnis wurscht.

Woher weiß ich das alles? Im Netz gibt es auf der Seite der Gemeinde Leissigen wegen des Bürgerbeteiligungsverfahrens die Rangierkonzepte für Leissigbad in der aktuellen und der geplanten Variante zu lesen: Direktlink zu PDF-Datei.

Außerdem kann man sich das Ganze auf Youtube aus der Lokführer-Perspektive erschließen, denn da gibt es eine schöne -> Führerstandsmitfahrt Spiez-Interlaken Ost aus dem letzten Sommer. Hier sind die Zeiten der oben beschrieben "Points of Interest":
  • Betriebsbahnhof Krattighalde: Minute 8:11 bis 8:46
  • Leissigbad: ab Minute 9:16 (Rigips links 9:16 bis 9:27, Vigier rechts 9:27 bis 9:43)
  • Leissigen: Minute 10:57 bis 11:30
  • Begegnung mit internationalem Schnellzugverkehr (in Därligen; ich mach jetzt keinen weiteren Spoiler ;)): Minute 14:47 bis 15:21.
Soweit für den Moment, VG Mathias
 
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Eine Insel und ihr kurzes Ende

Sooo, heute kommen wir gewissermaßen der letzte Teil der kleinen Thunersee-Serie. Denn die Gegend bietet auch schöne Beispiele für andere in diesem Thread besprochene Kategorien: einen echten Inselbetrieb und einen kleinen Endbahnhof mit einem spezielle Feature, wenngleich beide längst Geschichte sind.

Das Bödeli, also das Schwemmland der Aare zwischen Thuner- und Brienzersee mit dem Hauptort Interlaken (vermutlich von lat. "inter lacus" - "zwischen den Seen"), war schon ab 1872 bahntechnisch erschlossen, aber ohne direkte Anbindung ans übrige Schweizer Eisenbahnnetz. Die Bödelibahn führte von Därligen (dort, wo im oben - Post 274 - verlinkten YT-Video der ICE4 kreuzt) nach Interlaken und wurde 1874 nach Bönigen am Brienzersee verlängert. An jedem Ende befand sich eine Schiffslände. Um mit der Bahn nach Interlaken und weiter nach Brienz zu reisen, fuhr man also nach Thun, stieg dort ins Dampfschiff um, schipperte nach Därligen, wechselte in die Bödelibahn, die einen nach Interlaken oder Bönigen brachte, von wo aus man wiederum einen Brienzersee-Dampfer nahm. 1893 wurde dann die Thunerseebahn auf dem linken Seeufer eröffnet, die Thun über Spiez (...,Krattighalde, Leissigbad, Leissigen,...) mit Därligen verband. Die Bödelibahn wurde damit vom Inselbetrieb zum Teil einer großräumigen Verbindung. Denn auch das Ostende des Brienzersees erhielt 1888 mit der meterspurigen Brünigbahn von Luzern Bahnanschluss. Die Schienenlücke zwischen Brienz und Interlaken Ost wurde aber erst 1916 geschlossen. Außerdem konnte man ab 1890, also schon drei Jahre vor dem Ende des Inselbetriebes ab Interlaken Ost mit der Berner Oberlandbahn weiter hinauf in die Berge reisen.
Oben schrieb ich, die Bödelibahn hatte zunächst keine direkte Verbindung mit dem restlichen Bahnnetz. Sie verfügte aber über zwei Trajektschiffe, die Waggons von Thun nach Därligen und zurück überstellen konnten. Deren Anleger am Thuner Seeende befand sich in Scherzligen, einem heutigen Ortsteil von Thun - und zwar nach meinem Verständnis genau dort (-> historischer Kartenausschnitt), wo sich heute der Thuner Schotterhafen der Balmholz AG aus Post 273 befindet! Zum Bahnhof Scherzligen mit dem Passagierschiff- und dem Trajektanleger gibt es einen schönen -> lokalhistorischen Beitrag mit Gleisplan. Wer die Fotostrecke dort aufmerksam durchgeht, findet ein Bild des heute noch vorhandenen Portalkrans des Schotterhafens. Der Bildüberschrift nach ist dieser Portalkran, mit dem der Schotter aus der Beatenbucht auf die Bahn verladen wird, gut 110 Jahre alt!!

Zurück zur Bödelibahn: Deren östliches Ende war ab 1874 Bönigen. Bönigen wurde aber bereits 1969 seines Eisenbahnanschlusses beraubt: er spielte seit der Einbindung der Brünigbahn in den Bahnhof Interlaken Ost und dem dadurch bedingten Wegfall der Notwendigkeit, zur Weiterreise auf's Brienzersee-Schiff umzusteigen, nur noch eine untergeordnete verkehrliche Rolle. Dennoch ist der längere Teil des Streckenastes nach Bönigen bis heute vorhanden, denn einen Kilometer vor dem ehemaligen Streckenende liegt noch immer die Betriebswerkstatt der BLS (-> Satellitenbild).
Der Endbahnhof Bönigen (-> siehe Beitrag auf eingestellte-bahnen.ch) war denkbar einfach gehalten: zwei Weichen, drei Stumpfgleise, ein Hausbahnsteig, Empfangsgebäude, zwei kleine Seitenrampen). Die Bedienung erfolgte mittels Triebwagen bzw. kurzer Triebwagenzüge mit Steuerwagen. Auf den Bildern sieht man auch einzelne abgestellte Personen-, Pack- oder Güterwagen. Ob diese nur Arbeitsvorrat für die Werkstätte waren oder tatsächlich das Ziel Bönigen hatten, erschließt sich mir nicht.
Was macht diese Station nun also besonders - abgesehen von der direkten Schiffsanbindung? Nun, im verlinkten Beitrag sieht es so aus, als hätte es dort keine Umsetzmöglichkeit gegeben. Wenn man aber den -> Gleisplan von 1933 auf gleisplaene-schweiz.ch bemüht, stellt man fest, dass es am seeseitigen Ende eine Schiebebühne gab, die alle drei Gleise miteinander verband! Leider kenne ich kein Foto, auf dem diese Bühne erkennbar ist und weiß nicht, bis wann sie im Einsatz war. Aber egal: wenn man einen platzsparenden Ansatz für einen voll funktionsfähigen Endbahnhof mit Umsetzmöglichkeit sucht, ohne dafür auf die altbekannte Drehscheibe oder Segmentdrehscheibe à la Klütz zurückgreifen zu wollen - hier wäre das Vorbild!
 
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