Wie das so ist, wenn ein neuer Bogen mit Decals ankommt - dann werden in kurzer Zeit gleich zig Projekte fertig, die Teils schon seit Monaten bis Jahren liegen....
Frickelei Nummer 91: Kesselwagen lfd. Nr. 565a, eingestellt durch die Chemischen Werke Quack & Salber
Geschichte:
Spezialwagen, welche nur für bestimmte Zwecke oder Ladegüter einsetzbar waren, wurden seit jeher überwiegend von ihren Nutzern beschafft und als Privatfahrzeuge bei den Staatsbahnen eingestellt. Zur Länderbahnzeit betraf dies hauptsächlich Bier- und Kesselwagen. Die chemischen Werke Quack & Salber waren davon nicht ausgenommen - sie stellten ab 1893 einen kurzen
Wagen von nur 3,00m Achsstand mit genietetem Kessel bei den K.Sächs.Sts.E.B. ein. Das Fahrzeug wurde in der lfd. Nr. 565a eingereiht und diente zum Transport von Pflanzenölen, welche als Grundstoff im eigenen Werk benötigt wurden, und fiel vor allem durch seinen hochglänzenden violetten Kessel auf.
Dessen beabsichtigter Werbeeffekt wurde schnell durch hartnäckige Verschmutzungen gemindert, da das Öl durch die damaligen Kork-Dichtungen kroch und sich in dünnen, glänzenden Lagen über den Wagen verteilte. Diese Ölflächen zogen fortwährend Ruß und Staub an und hinterließen beim Abtrocknen unter der Sonne unschöne Ränder. Allem Putzen und Polieren zum Trotz wirkte der Wagen vor allem bei trübem Wetter etwas schmuddelig und bescherte auf seinen eisernen Trittleitern so manchem Arbeiter ein rutschiges Erlebnis.
Bemerkenswerter Weise gaben die Bahn-Anschriften damals zwar die Ladegewichte des Wagens, aber keinen Rauminhalt des Kessels an.
(Hinweis für spätere Geschichtsforscher: Es gab nie eine lfd. Nr. 565a. Die Wagen der Nr. 565 waren von den technischen Daten und vom Grundaufbau her ähnlich, daher habe ich dieses fiktive Modell dort als Unterbaureihe eingereiht.)
Ergebnis:



Bau:
Der Wagen basiert auf dem bekannten >
Melassewagen von DNA-Modell<. Der ist sehr hübsch, fährt aber schon massenhaft durch die TT-Welt. Genau genommen haben wir alle viel zu viele Spezialwagen und viel zu wenig olle G- und O-Wagen in unseren Sammlungen. Also
wenn schon wieder ein Spezialfahrzeug, dann wenigstens etwas Besonderes. Dieses Milka-Violett schwebte mir schon seit Jahren durch den Kopf. Ich wollte mal irgendwas damit in Hochglanz lackieren - und der Kessel war die perfekte Ausrede.
Der Bausatz an sich ist denkbar einfach. Fahrwerk (Gussteil), Kessel (Gussteil), Bremserhaus (Blech - faule Leute nehmen ein fertiges Plastikteil), Kleinteile wie Leitern und Laufbretter. Mit einer Standard-Lackierung und den Mitgelieferten Decals hätte man den Wagen binnen eines Abends zusammenpappen können. Ich hab's mir natürlich etwas schwieriger gemacht.
Die Gelegenheit mit dem Blech-Bremserhaus war super, um mal wieder etwas Leben in die Szenerie zu bringen - vorsichtig ausgeschnitten ließ die Tür sich geöffnet darstellen, um eine Figur darin zu platzieren (ja, die unterste Dienstklasse bei den K.Sächs.Sts.E.B. trug teilweise braune Kleidung; das Grün wäre vermutlich zu schnell schmutzig gewesen). Der Rest ist Lackierung aller Einzelteile, Anschriften recherchieren und plausible Angaben erfinden, freie Wagennummer suchen, Decals zeichnen/drucken/aufbringen (die 7µm-Decals sind wirklich toll - aber bei so großflächigen Teilen wie der Kesselanschrift schon recht schwierig zu verarbeiten), Kleinteile biegen und ankleben, Zusammenbau, PeHos einkleben, Schadstellenausbesserung, Alterung, mehr Alterung, Fotos machen.
Statt der üblichen Hädl-Teile habe ich diesmal
dreibeinige Stangenpuffer verbaut (sollen "schwache Buffer" älterer sächsischer Bauform darstellen). Die Hat >
Beckert Modellbau< extra für mich 3D-gedruckt.
Das Gussfahrwerk sowie das sehr einfache Blech-Bremserhaus geben sonst wenig Details her, daher habe ich auf weitere Feinheiten wie Zughaken etc. verzichtet. Auch für Signalhalter war kein Platz - dazu hätte hinter dem Bremserhaus eine Holzbretterwand oder ein hohes Eisengerüst stehen müssen. Hätte ich nachbilden können, war ich zu faul für. Beim Aufkleben des Kessels ist mir ein Malheur passiert - falscher Kleber, war zu schnell trocken. Kessel steht zwar gerade, aber etwas zu weit vom Bremserhaus entfernt. Dementsprechend drücken die Leitern gegen die Auslass-Stutzen und stehen entweder schief oder ab

Als Bonus hat sich meine Grundierung auf dem Fahrwerks-Gussteil stellenweise gelöst und die Lackschicht auf mehreren Millimetern Länge vom Langträger gehoben. Versucht mal, mit Stecknadel,
Sekundenkleber und Lupe zwei Lackschichten wieder miteinander zu verkleben! Sieht sch*** aus, aber fällt bei 0,5m Abstand nicht mehr auf.



Fazit: Ich mag den Wagen echt gerne. Hat ein paar coole Ideen, aber meine praktische Umsetzung stellt mich diesmal selbst nicht so richtig zufrieden. In die Vitrine darf er trotzdem. Ich hab eh viel zu viele Wagen, da macht er in der Masse eine gute Figur und fällt nicht zu sehr auf. Der nächste wird wieder besser!