Die Altbaureihen der Berliner S-Bahn sind vielfältig. Im Beitrag #81 habe ich ja schon einige Baureihen mit Bild vorgestellt, jedoch unvollständig. Deshalb an dieser Stelle die Fortsetzung. Die jeweilige Bildbeschreibung befindet sich immer unter den Photos.
Viel Spaß beim Betrachten!
Bauart 1932a, Typ "Wannseebahnversuchszugwagen"
Gegenüber der Serienausführung (Bauart 1932 / Typ "Wannseebahnwagen") wiesen die beiden Versuchsfahrzeuge zahlreiche Veränderungen am Wagenkasten auf. So war der Wagenkasten des ET um 125 mm verlängert worden, so dass der Abstand zum EB am Kurzkuppelende von ursprünglich 600 mm verkleinert wurde. Der Wagenkasten des Beiwagens (EB) war um 480 mm länger. Durch diesen Raumgewinn konnten die Einstiegsräume der 3. Klasse und die Abteile der 2. Klasse vergrößert werden. Auch die Fensterbreiten waren gegenüber der Serienausführung (850 mm) größer: in der 2. Klasse 1000 mm und in der 3. Klasse 900 mm.
Am auffälligsten waren jedoch die Stirnfronten der beiden Versuchsfahrzeuge. Während bei der Serienausführung und auch bei den "Stadtbahnern" (Bauart 1927/30) die seitlichen Frontfenster winklig waren, so war der Querträger des Führerstandes hier gerade, so dass auch die seitlichen Frontfenster in einer Flucht verliefen (siehe Photo).
Abbildung: Versuchsfahrzeug der Baureihe 275.8 auf der Zuggruppe "Nordpol" (Umlauf 14) im Bahnhof Buch im Jahre 1985
Photo: Sammlung Gransee
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Bauart 1934, Typ "Bankier Probezüge"
Mit den Probezügen beschritt die Deutsche Reichsbahn einen neuen Weg, was die äußere Gestaltung der Berliner S-Bahnzüge anbelangt. Die Verwandtschaft zu den "Fliegenden Zügen" ist unverkennbar. Ursprünglich war sogar geplant, die Front ähnlich der des "Fliegenden Hamburgers" (877a/b) zu gestalten.
Die wichtigsten Änderungen gegenüber den Vorgängerbaureihen waren:
- abgerundeter Führerstand
- verlängerte Wagenkästen über den Untergestellen bei Trieb- und Beiwagen
- Wegfall der Oberwagenlaternen ("Owala")
- Verlegung des Zielschildes von außen nach innen
- Neuordnung der Zugschlusssignale (die erwähnten "Owala"), die nun mit dem Zweipunktspitzensignal (ebenfalls neu) in der Stirnwand des Triebwagens kombiniert wurden
- leistungsstärkere Fahrmotoren zur Erhöhung der Geschwindigkeit auf 120 km/h
Abbildung: Ein ET 166 (ex ET 125) im Haltepunkt Düppel (Stichstrecke Zehlendorf - Düppel der ehemaligen Stammbahn)
Photo: Sammlung Gransee
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Bauart 1935, Typ "Olympia"
Die Teileröffnung der neuen Nordsüdbahn (Stettiner Bahnhof - Unter den Linden) im Jahre 1936 und die im selben Zeitraum stattfindenden Olympischen Spiele prognostizierten ein stark erhöhtes Verkehrsaufkommen. So wurden 44 neue Viertelzüge dieser Bauart als Nachfolger der "Bankier-Züg" in Dienst gestellt, wovon jedoch 34 Viertelzüge mit den herkömmlichen Fahrmotoren (GBM 700) ausgestattet waren und nur die "klassische" Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h zuließen.
Auffällig sind die in einem Lampenring des Spitzensignals integrierten roten Schlussleuchten, die eine äußere Verwandtschaft mit den kurze Zeit später gebauten Triebwagen der Hamburger Gleichstrom-S-Bahn (ET 171) aufweisen.
Abbildung: BR 276 im Bahnhof Wannsee auf der Zuggruppe 1a vermutlich in den 1970er Jahren
Photo: Sammlung Gransee
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Bauart 1937II, 1939 und 1941, Typ "Nordsüdbahnzüge"
Um für die Streckenerweiterungen im Berliner S-Bahn-Netz und auch im Zuge der Kompletteröffnung der neuen Nordsüdbahn weiter von Unter den Linden bis Anhalter Bahnhof (unten) genügend Fahrzeuge einsetzen zu können, wurden im Anschluss an die 44 Viertelzüge des Typs "Olympia" weitere 80 Viertelzüge bestellt. Diese Unterschieden sich zu ihren Vorgängerbaureihen durch:
- den Wegfall der seitlichen Führerstandstür
- eine an den Türen durchgängig verlaufende Gummileiste
- Drehgestelle mit einem verkleinerten Radsatz
- einen elektrischen Kontaktkasten über der Scharfenbergkupplung
Diese Fahrzeuge sind optisch von den Bankier- und Olympiazügen durch die fehlende Klappe über der Kupplung zu unterscheiden.
Abbildung: Ein Viertelzug des Typs "Nordsüdbahn" im S-BW Friedrichsfelde
Photo: Sammlung Gransee
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Bauart 1941/1942, Typ "Werkbahn Peenemünde"
Für die Heeresversuchsanstalt Peenemünde und den Ausbau des Streckennetzes für den dortigen Werksverkehr wurden aus der laufenden Produktion für die Berliner S-Bahn Fahrzeuge des Typs "Nordsüdbahn" zusätzlich Viertelzüge gebaut, die jedoch auch mit einem Steuerwagen kombiniert werden konnten. Jedoch erhielten diese Fahrzeuge den Fahrstrom aus einer Fahrleitung (1200 V) und waren deshalb mit einem Dachstromabnehmer versehen worden. Nach dem Kriege reihte man diese Fahrzeuge in den Bestand der Berliner S-Bahn ein.
Abbildung: Baureihe 276 (Typ "Werkbahn Peenemünde") auf der Fahrzeugausstellung in Bernau anlässlich des Jubiläums "70 Jahre Berliner S-Bahn" im August 1994