Helmut Neumann: "Der mühevolle Weg zu einem einigermaßen brauchbaren Dampflokheizer"
Sehr geehrte Boarder,
es gibt ein weiteres Werk "Eisenbahnergeschichten". Ein durchaus besonderes in diesem Genre. Lasst es mich deshalb bitte vorstellen. Der Autor ist in der heutigen Dampflokszene sehr bekannt, es gibt Lokführer, die in den 1960er Jahren bei ihm einen Lehrgang auf der Lokfahrschule in Güstrow besucht haben und die selbst heute ab und an bei ihm Dienstunterricht "genießen". Helmut Neumann ist "hart an den 80 dran", aber noch immer topfit!
Geschichten von Eisenbahnern für Eisenbahner und Eisenbahnfreunde sind immer etwas speziell, die Verleger trauen sich (vielleicht berechtigt?) nicht, da große Werke draus zu machen - andererseits haben die potentiellen Autoren schon etwas Mühe, den Stoff, der sonst immer "nur" erzählt wird, überhaupt in druckbare Form zu bringen. Vielleicht gibt es da eine Mengenbegrenzung fürs jeweilige Werk.
Für die Beurteilung des konkreten Buches sind zwei Betrachtungsweisen empfohlen: einmal von potentiellen Lesern, die die Geschichten noch nicht kennen. Und dann natürlich die vergleichsweise vielen in der Szene Mitwirkenden, die die Geschichten schon gehört haben und für die Helmut Neumann der Dampflok-Lehrer ist, der seine Ausbildungsstunden mit den Episoden von Alfons Soppa, Eitel Christel und vielen anderen Eisenbahnern gewürzt hat. Ich kann (nur) für letztere Betrachtungsweise sprechen: Ja, das Buch gehört in den Schrank, ruft es doch nicht nur Kurzweil, sondern auch den Ernst der Sache "Dampflok" durch die derart eindrücklich vermittelten Sachverhalte wieder ins Bewußtsein zurück.
Helmut Neumann ist guter Pädagoge und Didaktiker, entsprechend hat er sich entschieden, nur einen Abschnitt seiner Eisenbahnerlaufbahn darzustellen und nicht, wie vielleicht bei anderen vergleichbaren Werken, nur die herausragenden Geschichten eines ganzen Eisenbahnerlebens nahezu wahllos aneinanderzureihen. Deshalb ist das Werk schon fast ein Roman und eben nicht eine Sammlung einzelner Kurzgeschichten. Dies tut wohl und macht die Geschehnisse für den Leser, der eher weniger Wissen über das Lokführerdasein hat, besser begreif- und nachvollziehbar.
Anderswo steht geschrieben, dass für das Buch alle greifbaren Aufnahmen der 93 1602 in Eisenach und Umgebung verwertet wurden. Das kann sein, bekannt sind zumindest noch zwei Aufnahmen der Lok aus der VES-M (Verwiegen und Vermessen nach Untersuchung im Raw Halle), die im Merkbuch-"Reprint" immer wieder gebracht werden (Urheberschaft also Hans Müller oder Ruth Pellicioni). In dem Zusammenhang wäre die eigentliche Merkbuch-Seite der Lok eine weitere gute Illustrationsmöglichkeit für das Werk gewesen.
Das Buch ist in vom Herdam-Verlag gewohnter Druck- und Bindeungsqualität hergestellt. Der Text ist allerdings etwas unschön gesetzt (Einzüge links sehr groß, Flattersatz rechts), auch ist die Arial(Narrow?)-Schrift nicht wirklich lesefreundlich. Ein paar Tippfehler etc. hätten sicher auch noch vor dem Druck ausgemerzt werden können - allerdings stören sie den Lese- und Verständnisfluss nicht wirklich.
Ich freue mich, wenn Wissen "von den Alten" nicht verloren geht, deshalb ist dem Buch eine gute Verbreitung zu wünschen.
Taktisch-technische Angaben:
Format 17 cm * 23 cm, 112 Seiten, gebunden. Einige s/w-Fotos und -Zeichnungen. Herausgeber: Wolfgang Herdam Fotoverlag, Clara-Zetkin-Straße 2, 06485 Quedlinburg / OT Gernrode,
www.herdam.de. ISBN: 978-3933178305. Preis 19,80 €.
Vielleicht interessiert das den einen oder anderen von Euch.
Beste Grüße
Klaus