Belastbarkeit von Betriebsmitteln der Bahnenergieversorgung
Ja, mach mal, auch wenn es manchem zu Theoretisch erscheinen mag.
Ihr habt es ja so gewollt.
Ja also wo fangen wir an?
Wie ja eigentlich allen bekannt ist, haben elektrische Lokomotiven (und Triebzüge im Grunde auch) reichlich Leistung an Bo(a)rd.
Wenn man mal überlegt, dass eine Lokomotive mit sagen wir mal 6,4 MW durch die Lande fährt, dann könnten mit der gleichen Leistung auch 3200x 2000 W Staubsauger betrieben werden. Oder auch 64000 100-W-Glühlampen, was also dann doch reichlich hell ist.
Ja und jetzt kommt das eigentliche Problem:
Was passiert, wenn der Tf das Seitenfenster der Lok schließt und aufregelt?
Er fordert Strom aus der Fahrleitung. Diese stellt den Strom bereit, da ja im Fahrleitungsnetz eine gewisse Energiemenge vorhanden ist. Diese Energiemenge muss dann aber wieder durch Einspeisungen (Kraftwerke, Umformer 1), Umrichter 2)) wieder zugeführt werden. Dort wird die Energie erstmal aus der Drehbewegung der rotierenden Maschinen genommen. Die damit sinkende Drehzahl wird registriert und der Regel im Kraftwerk geöffnet, so dass dem Generator wieder mehr Energie zugeführt wird. Die Drehzahl steigt wieder (und damit auch die Frequenz des Netzes) und die von der Lokomotive geforderte Energie wird auch in das Netz eingespeist, und es könnte alles in Butter sein.
Wenn man aber jetzt sieht, was passiert, wenn in kurzer Zeit mehrere Lokomotiven anfahren (oder anhalten), dann wird das im Kraftwerk richtig lustig, denn dann regelt man nur noch nach.
Wenn man sich also mal die Leistungsmesser an den Einspeisungen ansieht, dann zappeln die heftig.
Im Gegensatz dazu ist im LEV (Landesenergieversorger), also da wo euer Computer dran hängt, alles wesentlich ruhiger, da die kurzzeitigen Leistungsschwankungen deutlich kleiner sind.
Soweit so gut. Zurück zur elektrischen Eisenbahn.
Um also diese großen Lastschwankungen in den Griff zu bekommen versucht(e) man möglichst große Netze zu bilden, um einen gleichmäßigeren Energiehaushalt im Netz zu erzielen. Je größer das Netz, umso kleiner die Schwankungen.
Das hilft aber den Transformator zwischen Bahnenergienetz und der Fahrleitung auch nicht. Der hat nun mal nur einen relativ kleinen Bereich zu speisen und unterliegt damit wieder den Lastschwankungen.
Jetzt hat man bei den mechanischen Dimensionen der Betriebsmittel noch einen Vorteil: Da ist so viel Kupfer u.ä. drin, dass man die Geräte überlasten kann. Das heißt also, dass man gegenüber der Nennbelastung kurzzeitig noch ein paar Prozente draufpacken kann. Bedingung ist aber, dass das Gerät auch zeitnah die Chance zur Erholung erhält. Sprich: Es darf nicht zu lang und zu hoch überlastet werden, wenn es nicht anschließend unter der Nennlast betrieben wird. Das führte auch dazu, dass man zum Beispiel bei den E-Loks von einer Dauerleistung und einer Stundenleistung sprach. Die Stundenleistung darf nur "kurzzeitig" genutzt werden, während die Dauerleistung ständig abgefordert werden darf, ohne dass Elemente in/an der Lok Schaden nehmen.
Da man aber zum Beispiel heutzutage Strecken gern an den Grenzen der Trassierungsparameter baut, kommt man schnell über längere Strecken in die Stundenleistung und wundert sich dann, warum es "so nach Strom riecht". Aber dann ist es auch schon zu spät. Dann beginnt die Isolierung sich aufzulösen, es kommt zu Wicklungsschlüssen 3) und das Aggregat kann ausgetauscht/entsorgt werden.
Also halten wir fest:
- im Bahnnetz (sowohl bei Voll- als auch bei Straßenbahnen o.ä.) gibt es große Lastschwankungen,
- die Unterscheidung zwischen Stunden- und Dauerleistung ergibt sich aus der Ausnutzung der Überlastbarkeit von elektrotechnischen Betriebsmitteln.
Gruß ebahner
1) Umformer: Frequenzwandlungseinrichtung mit rotierenden Maschinen
2) Umrichter: Frequenzwandlungseinrichtung mit (Leistungs-)Elektronik
3) Wicklungsschluss: Kurzschluss (ungewollte elektrische Verbindung) innerhalb der leitenden Materialien