@Elektra hat mich im
O-Wagen-Thema nach Quellenangaben zum Thema "Grau der Sachsen" gebeten. Ich finde aber, dass die Antwort hier besser hinpasst.
Kurz mein Beitrag aus dem O-Wagen-Thema:
Das Grau (Bleigrau) bestand aus Bleiweiß (Bleihydroxidkarbonat) und Flammruß - Pigmente, die schon Jahrtausende in Gebrauch sind bzw. waren, da Bleiweiß doch recht gesundheitsschädlich ist und von Zinkweiß und Titanweiß abgelöst wurde. Das Mischungsverhältnis war nach meiner Interpretation etwa 16 Teile Bleiweiß und 1 Teil Flammruß. Bleiweiß hat eine sehr gute Holzschutzwirkung (tötet einfach das meiste) und auch die helle Farbe schützt das Holz, indem sie im Sommer für geringere Temperaturen sorgt und damit zu geringerer organischer Aktivität. Allerdings wird Bleiweiß unter Einfluss von Schwefelsäure, die z.B. bei Kohleverfeuerung entsteht, dunkel. Dies könnte auch die vielen dunklen Güterwagen bei den Sachsen erklären, die dann vielleicht nicht nur schmutzig sondern einfach verfärbt gewesen sein könnten. Der Anstrich hielt im Schnitt 4 Jahre.
Und hier die wichtigsten Quellen mit zitierten Angaben:
Der graue Anstrich der sächsischen Güterwagen kann wohl mit Sicherheit angenommen werden, wird er er doch in verschiedenen schriftlichen Quellen erwähnt und auch etliche Fotografien zeigen ihn. In Schriftquellen der K.Sächs.Sts.E.B. habe ich allerdings noch nichts konkretes zum Farbton und seiner Zusammensetzung gefunden. Auch die Güterwagen der sächsischen Privatbahnen hatten, mit Ausnahme der Leipzig-Dresdener-Eisenbahn, einen grauen Anstrich.
Chronologisch wird der graue Anstrich in folgenden Quellen erwähnt:
Verzeichniß der Eigenthums-Merkmale und des Farben-Anstrichs der Güterwagen deutscher und anschließender außendeutscher Eisenbahnen - Zentral-Wagen-Kontrolle deutscher Eisenbahnen, Erfurt, 1864
Bahnbezeichnung: Sächsisch-Oestliche Staatsbahnen
Grundfarbe der Wagen: Grau
Eigenthums-Merkmale: K.Sächs.Oestli.Sts.E.B.
Bemerkung: Über der Nummer befindet sich die Königskrone
Bahnbezeichnung: Sächsisch-Westliche Staatsbahnen
Grundfarbe der Wagen: Grau
Eigenthums-Merkmale: K.Sächs. Westl.Sts.E.B.
Bemerkung: Über der Nummer befindet sich die Königskrone
Bahnbezeichnung: Albertsbahn
Grundfarbe der Wagen: Grau
Eigenthums-Merkmale: A. B.
Bahnbezeichnung: Chemnitz-Würschnitzer Bahn
Grundfarbe der Wagen: Grau
Eigenthums-Merkmale: C. W. E.
Bemerkung: Die Miethe von diesen Wagen ist als eigenes Guthaben der Sächsisch-Westlichen Staatsbahn berechnet
Bahnbezeichnung: Leipzig-Dresdener Bahn
Grundfarbe der Wagen: Rothbraun
Eigenthums-Merkmale: Leipzig-Dresden.
Bahnbezeichnung: Zittau-Reichenberger Bahn
Grundfarbe der Wagen: Grau
Eigenthums-Merkmale: Z. R.
Organ für die Fortschritte des Eisenbahnwesens in technischer Beziehung - Sechster Supplementband - Edmund Heusinger von Waldegg, Wiesbaden, 1878
„Oelfarben-Anstrich
Die zur Anwendung gelangten und namhaft gemachten Farbstoffe sind folgende:
für grauen Anstrich: Bleiweiss oder Zinkweis mit Zusatz von Flammruss;
für grünen Anstrich: Chromgrün und Chromgelb, gemischt mit Berlinerblau (
Chromgelb gemischt mit Berlinerblau kam wohl bei den sächsischen Loks zum Einsatz)
für braunen Anstrich: Caput mortuum, Kesselbraun, Umbra und Eisenminium“
Für die Sächsische Staatsbahn wird „Bleigrau“ angegeben, als ein- bis dreifacher Anstrich mit darauf folgendem Lacküberzug (Leinölfirniss/Waterproof-Firniss)
Alphabetisches Verzeichnis der Eigenthums-Merkmale der Eisenbahn-Güterwagen, Verein Deutscher Eisenbahn-Verwaltungen, Berlin, 1896
Eigenthums-Merkmale der Wagen an den Seitenwänden: K. Sächs. Sts. E. B.
Eigenthums-Merkmale der Wagen an den Langträgern: K. Sächs. Sts. E. B. (nur an offenen Wagen)
Farbe des Wagen: grau
Farbe der Anschriften: gelb, schwarz schattiert
Welche Helligkeit das Grau der Sachsen hatte, konnte ich bisher nicht rekonstruieren, da man dazu das Mischungsverhältnis von Bleiweiß und Flammruß bräuchte. Allerdings wird oft nur „Grau“ genannt, während bei anderen Bahngesellschaften Silbergrau, Bleigrau, Hellgrau, Dunkelgrau oder Schiefergrau genannt wird. Handelte es sich um ein ganz normales "Mittelgrau"?
In England waren Grautöne bei Güterwagen sehr verbreitet. Um sich ein Bild der verschiedenen Helligkeitsabstufungen im Vergleich zu Original-SW-Aufnahmen zu machen sollte mal einen Blick in
The Liveries of the Pre-Grouping Railways, Volume 1-4, Nigel J.L. Digby, 2017-2020 werfen, sehr empfehlenswert. Für Sachsen hilft momentan nur die Interpretation von SW-Fotos sächsischer Güterwagen - keine eindeutige Sache.
Und noch eine interessante Quelle. Nimmt man sich jetzt das
Wiener Farbenkabinet, Wien und Prag, 1794 zur Hand und schaut sich die "
Erste Stammtafel - Schwarze und schwarzblaue Farben" auf Seite 272 an, kann man eine Vorstellung von all den möglichen Grautönen bekommen. Hier sind die Abstufungen von Bleiweiß mit „Beinschwarz“, „Flammruß“ und „Sammetschwarz“ gezeigt. Auf dieser Seite unter "Flammruß"befindet sich unser „Sachsengrau“ - irgendwo. Mein Gefühl sagt Nr. 28 „Zinnfarbe- 16 Teile Bleiweiß und 1 Teil Flammruß“ - aber das ist nur mein Gefühl. Neugestrichene sächsische Güterwagen wirken oft sehr hell.
Es gibt noch einige weitere interessante Werke über Farben. Auch gibt es einige detaillierte Beschreibung zur Vorgehensweise beim Anstrich von Wagenwänden und Wagendächern. Hier wurde gestrichen, gespachtelt, geschliffen und wieder gestrichen. Hier wird klar, dass Güterwagenmodelle mit Nachbildung der Holzmaserung alles andere als realistisch sind, egal ob in TT oder Spur 1. Hier war alles einfach nur glatt, richtig glatt.
So, genug geschrieben,
Gruß René.