Die elektrische Untergrundbahn der Stadt Schöneberg (Teil1)
An dieser Stelle lade ich Euch wieder zu einer Reise mit der Berliner Hoch- und Untergrundbahn ein. Heute geht es nach Schöneberg zu Berlins kürzester U-Bahnlinie, die am Innsbrucker Platz beginnt und in Nollendorfplatz endet. Sie umfasst fünf Stationen und hat eine Länge von lediglich 2,9 km. Zuvor jedoch ein paar Worte zur Geschichte der "elektrischen Schöneberger Untergrundbahn".
Der Bau der elektrischen Schöneberger Untergrundbahn gilt im Großraum Berlin als das erste kommunale Projekt, da die bisherigen Schnellbahnprojekte jener Zeit von privaten Unternehmen entwickelt und finanziert wurden.
Wie schon bei der Planung der westlichen Verlängerung der Stammstrecke von der Haltestelle Knie über das Charlottenburger Zentrum bis in die Kolonie Westend versprachen sich die Schöneberger Stadtoberen von einer neuen Verkehrsanbindung eine schnellere Entwicklung der Wohngebiete und gleichsam eine Attraktivitätssteigerung derselben, um vor allem gut betuchte Berliner anzuziehen.
Im Jahre 1902 war zunächst der Bau der sogenannten Nord-Süd-Bahn im Gespräche - mit einer westlichen Fortsetzung der Bahn über Wilmersdorf bis Grunewald. Da jedoch nach einer Änderung des Nord-Süd-Projektes Kreuzberg als Endpunkt angedacht war, verwarf man in Schöneberg jene Pläne wieder. Ein weiterer Vorschlag sah eine Schwebebahn vor, wie sie später Wuppertal verwirklicht werden sollte. Aber auch dieser Idee erteilte man schnell eine Absage, da durch die in die Höhe ragende Konstruktion eine Verschattung der Straßen und eine Wertminderung der Grundstücke zu befürchten war.
Am 7. September 1908 genehmigte die Stadtverordnetenversammlung von Schöneberg letztlich einen Entwurf, der eine Strecke vom Nollendorfplatz bis zur Hauptstraße (heute Innsbrucker Platz) mit Anschluss an die Ringbahn beinhaltete. Später war eine Verlängerung nach Norden in Richtung der Berliner Innenstadt und nach Süden in Richtung Marienfelde oder Stahnsdorf vorgesehen.
Mit dem Bau der Untergrundbahn wurde die Firma Siemens & Halske beauftragt, die in Berlin bereits die Hochbahn (Stammstrecke) geplant und gebaut hatte sowie mit ihrer Hochbahngesellschaft den Betrieb auch durchführte. Zwei Jahre später, am 1. Dezember 1910, wurde die elektrische Schöneberger Untergrundbahn in Betrieb genommen. Einen Tag zuvor schloss Schöneberg mit der Hochbahngesellschaft einen Tarifvertrag ab; ein Jahr später wurde von derselben auch die Betriebsführung übernommen.
Schöneberg, damals noch eine eigenständige Stadt, war nach Berlin die zweite Stadt des Deutschen Reiches gewesen, welche über eine elektrische Untergrundbahn verfügte, und im europäischen Maßstabe die fünfte, die sich, nach London, Paris und Budapest, in den damals noch exklusiven Klub moderner Städte einreihte, die über ein derartig leistungsstarkes und innovatives Verkehrsmittel verfügten.
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Haltestelle Innsbrucker Platz
Eröffnungsdatum der Station: 1. Dezember 1910
Ursprünglicher Stationsname: Hauptstraße (bis 30. Juni 1933)
Kurzzeichen der Station: Ip
Länge der Bahnhofshalle: 98 m
Breite der Bahnhofshalle: 13 m
Bahnsteigbreite: 7,6 m
Tiefe der Station: 4 m unter der Straße
Architekt: Paul Jatzow
Einst befand sich hinter diesem Bahnhof noch ein Tunnel mit einer dreigleisigen Kehr- und Abstellanlage. Vom westlichen Gleise zweigte die Tunnelzufahrt zur Werkstatt der Schöneberger Untergrundbahn ab. Der Tunnel führte zur Otzenstraße und erreichte am dortigen Werkstattgelände das Tageslicht. Die Werkstatt umfasste eine fünfgleisige Wagen- und eine dreigleisige Werkstatthalle. Noch heute ist an der Traeger- Ecke Otzenstraße ein Tunnelausstieg erkennbar.
Als im Jahre 1926 mit der Inbetriebnahme der Verstärkungslinie der Berliner Hoch- und Untergrundbahn die neue unterirdische Haltestelle Nollendorfplatz eröffnet wurde und die Schöneberger Untergrundbahn mit dem übrigen Hoch- und Untergrundbahnnetz über Gleise verbunden war, bestand fortan die Möglichkeit, die Wagenzüge auch in die Werkstätten an der Warschauer Brücke, bzw. am Stadion (heute Werkstatt Grunewald) zu überführen. Infolge dessen wurde die Werkstatt an der Otzenstraße im Jahre 1932 aufgegeben.
Im Jahre 1971 wurde wegen des Baus der Stadtautobahn und einem dadurch bedingten Umbau der südlichen Bahnsteigvorhalle die Kehranlage stillgelegt und abgebaut. Heute enden die Züge hier stumpf.
Gestaltung:
Die Wände des Bahnhofes sind noch zu einem Großteil mit bauzeitlichen Fliesen verblendet. Die Lisenen sowie die Rahmen der Stationsschilder sind in einem rotbraunen Farbton gestaltet. Die Stützenköpfe der Bahnsteigstützen sind mit Voluten geschmückt, während zwei Stützenköpfe abweichend mit aufgesetzten Platten und kartuschenartigen Feldern, in der Mitte durch ein Band mit Niete dekoriert, ausgestattet sind. Die Deckenkonstruktion wurde über die gesamte Länge mit abwechselnden Quer- und Längstonnen gestaltet. Die drei vorhandenen Holzbänke sind Nachbauten.
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Haltestelle Rathaus Schöneberg
Eröffnungsdatum der Station: 1. Dezember 1910
Ursprünglicher Stationsname: Stadtpark (bis 14. Mai 1951)
Kurzzeichen der Station: Rs
Länge der Bahnhofshalle: 98,5 m
Breite der Bahnhofshalle: 16,2 m
Bahnsteigbreite: 7,6 m
Tiefe der Station: 4,3 m unter aufliegender Straße
Architekt: Johann Emil Schaudt
Die Haltestelle Rathaus Schöneberg zählt von den Berliner Untergrundbahnhöfen zu den interessantesten ihrer Art. Von seiner Lage her ist diese Station zwar ein Untergrundbahnhof, befindet sie sich doch unter Straßenniveau, jedoch verlässt die U-Bahn hier für eine Bahnhofslänge den Streckentunnel. Der Grund dafür war das morastige Gebiet, auf welches die Ingenieure hier trafen. Hier befand sich einst das Fenngelände des Schwarzen Grabens, einem Nebenarm der Spree. Das Gebiet erwies sich als unbebaubar, so dass man sich entschloss, mit dem Aushub der Schöneberger Untergrundbahn einen Stadtpark nebst kleinem See anzulegen und die Untergrundhaltestelle flugs zum integralen und architektonischen Bestandteil desselben zu machen. Daher auch der ursprüngliche Bahnhofsname "Stadtpark".
Gewöhnliche Holzpfahlgründungen hätten hier keinesfalls ihrem stützenden Effekte Genüge getan, denn das säurehaltige Moor würde dieselben zerfressen. Stattdessen wurden 70 m lange und 1,5 m breite Betonpfeiler in den Boden gestemmt, lang genug, um auf festem und tragendem Grunde zu ruhen. Die Baugrube versah man mit Spundwänden. Auf dieser robusten Konstruktion wurde eine Eisenbetonplatte verlegt, auf welcher die Bahnhofshalle gebaut wurde. Gleichzeitig diente die Bahnhofshalle auch als Brückenfortführung für die unmittelbar darüber verlaufende Innsbrucker Straße und seitlich als architektonischer Blickfang für den Park. Diesem doch hohen ästhetischem Anspruch zu genügen, wählten die Schöneberger Stadtväter einen renommierten Architekten für diese Aufgabe: Johann Emil Schaudt. Selbiger entwarf auch das Kaufhaus des Westens, das KaDeWe am Wittenbergplatz.
Gestaltung
Grüne Fliesen dominieren die Enden der Bahnhofshalle. Die Sockel- und Gesimszonen sind mit dunkelbraunen Fliesen unterteilt. Die alten Stationsschilder sind mit Fliesen ausgeführt: In einem braunen Rahmen befindet sich ein schwarzes Feld, innerhalb desselben in weißen Lettern der Stationsname "Stadtpark" geschrieben steht. Die alte Deckenkonstruktion, die sich hier noch erhalten hat, wurde durch kassettierte Formen ausgeführt. Ein Bahnsteighäuschen mit Eisenfachwerk und blaugrünen Fliesen, die zum Teil mit Schmuckfliesen, auf denen man Tier- und Blumenmotive findet, gestaltet sind, hat ebenfalls die Zeiten überdauert.
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Der große Mittelteil wurde nach den Zerstörungen des Krieges nur vereinfacht wieder aufgebaut. Die drei hölzernen Doppelbänke stammen noch aus den 1920er Jahren. Das hölzerne Versorgungshäuschen ist eine neuzeitliche Zutat.
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Blick auf die östliche Front der Bahnsteighalle: Über der Haltestelle verläuft die nach Carl Zuckmayer
("Der Hauptmann von Köpenick") benannte Brücke, die in ihrer Gestaltung aus zurückspringenden großen Fensteröffnungen mit Sprossen besteht, welche von verputzten Pfeilern umrahmt sind. Der gesamte Bau wirkt dadurch sehr transparent und lässt viel Tageslicht ins innere der Bahnhofshalle strahlen. Je zwei Seitentreppen akzentuieren die Fassaden und dienen als Zugang zum Park.
Die steinerne Balustrade dient als Bekrönung, welche figurenaufnehmende Nischen ausbildet. Die Figuren, welche vom Dresdener Professor Richard Guhr (1873-1956) entworfen wurden, stellen Tritonen und Nymphen dar, wobei sich die Tritonen (Triton - Meeresgott der griechischen Mythologie) thematisch auf das ehemalige Seengebiet beziehen, die Nymphen dagegen, die von den Tritonen getragen werden, die vier menschlichen Temperamente darstellen sollen.
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Ein moderner und dennoch ansprechend gestalteter Eingangsbereich zur Untergrundbahn, der die historischen Formen der klassischen Portale mit steinerner Umwehrung gekonnt aufnimmt. Vor dem Eingang ist in den Boden ein Mosaik des Stadtwappens von Scöneberg eingelassen.
Ende Teil 1