Darf man fragen, was das für ein Vogel war? MIG-22 ist zumindest für mich ein neuer Typ.
Offiziell hat es die Typenbezeichnung nicht gegeben. Es gab aber das Flugzeug. Historisch korrekt ist es das Flugzeug 22, ein Zwischending auf dem Weg der Mig-21 zur Mig-23. Auf den ersten Blick würde man sagen, es ist eine Mig-23, aber das ist sie nicht. Zu einer echten Mig-23 fehlt ihr noch viel. Das Cockpit und das Radar stammt aus der Mig-21bis, das Triebwerk ist der Vorgänger der in der Vorversion verbauten Triebwerke der Vorserien-Mig-23 (häufig als Mig-23S bezeichnet) und es ragt sehr weit aus dem Rumpf heraus. Die verbaute Ruderanlage hat nichts mit der der Mig-23 gemein, das ist Mig-21-Technik pur. Der Schwenkflügel hat noch keinen Sägezahn, der allen Mig-23 eigen ist. Ein besonders Kuriosum ist die ausklappbare Hilfsturbine. Die gibt es in keiner anderen Mig und sie war ein ausklappbares Notaggregat, welches bei Ausfall aller Systeme Notstrom über eine Windturbine liefern sollte.
Das Vorbild kam in exakt einem Exemplar in die DDR, wurde dort aber nicht mehr geflogen. Die sowjetischen Luftstreitkräfte setzten den Exoten nur zum Test von Flugzeugfanganlagen ein, Tests, bei denen das Flugzeug stark beschädigt wurde. Die NVA erwarb den Schrotthaufen und lies ihn in der Flugzeugwerft Dresden instand setzen. Ziel war nicht die flugfähige Aufarbeitung, das Flugzeug sollte als Schulungsmodell herhalten.
So kam der Exote an die OHS Kamenz und später an die Unteroffiziersschule nach Brandenburg.
Zur Wende hatte das Luftwaffenmuseum in Gatow kein Interesse. Neben sehr vielen anderen, wie der verpennten Übernahme der kompletten Traditionsvorstartline der OHS Bautzen, die jedes Flugzeug der NVA enthielt, verzichtete Gatow auf diesen einzigartigen Exoten.
Das Flugzeug steht heute im Museum von Niederfinow, einem hervorragend sortiertem Museum.
Die Bezeichnung "Mig-22" wurde nie offiziell vergeben, aber sie stand in offiziellen Papieren, die zwischen der Roten Armee und den NVA-Luftstreitkräften ausgetauscht wurden. Ich habe diese Schriftsätze selber gesehen. Ich denke, dass man in Anspielung auf den Namen "Flugzeug 22" daraus diese Mig-Bezeichnung machte. Man sollte aber auch nie vergessen, dass die Typenbezeichnung des Herstellers kaum etwas mit den Typenbezeichnungen der sowjetischen Streitkräfte gemein hatten. Die bezeichen heute eine Su-33 oder Su-35 auch immer noch als Su-27.
Die von Frontera beschriebene E-8 hat mit diesem Flugzeug nichts zu tun. Die E-8 war eine Weiterentwicklung der Mig-21, die recht erfolgversprechend schien, jedoch am unzuverlässigen Triebwerk scheiterte. Die Mig-23 wurde da schon produziert und erwies sich nicht als der große Wurf. Sie war zu schwer. Vor Vietnam setzen alle Seiten auf maximale Geschwindigkeit - ein Fehler. Der Vietnamkrieg zeigte, das Manöverluftkämpfe alles andere als überholt waren. Fehlentwicklungen wie die F-104 oder die F-4 wurden modifiziert, Kanonen nachgerüstet. Der Schwenkflügel schien das Allheilmittel, war es aber nicht. Die F-111 war der Flop des Krieges und wurde erst in gänzlich anderer Verwendung halbwegs ein Erfolg. Die F-14 war nicht der Top-Gun-Erfolg. Es gibt gute Gründe, warum sie kaum weiterentwickelt wurde. Die Mig-23 war letztlich auch nicht besonders erfolgreich und mit der E-8 ging man den richtigen Weg, dem auch die F-16 später noch ging. Die Schwenkflügler waren eine Sackgasse der Entwicklung und selbst der tolle Allrounder Tornado brauchte schon bald Jagdschutz, war er zu Luftkämpfen doch viel zu schwer und mit seiner extrem hohen Flächenbelastung faktisch völlig unfähig dazu.
Ich habe Bilder des Samolot 22, mehr als ich hier zeige. Das Internet setzt mehr auf die Vermutungen eines britischen "Mig-Spezialisten", der das Vorbild nie sah und Vermutungen äußerst. Überhaupt labert der viel Unsinn, hat wohl auch nur wenige Mig je wirklich mal genauer untersucht, aber ich habe keinen Bock auf einen Streit mit seinen Jüngern. Ich habe auch noch älteren sw-Bilder des Flugzeuges, Bilder vom originalen Typenbuch und jede Menge Farbbilder von Details, aber das müsste ich erst wiederfinden und digitalisieren ...
Die NVA-Bemalung ist zwar von der NVA vorgenommen worden, aber nicht real. Die Nummer ist frei erfunden und hat nichts mit damaligen NVA-Nummern zu tun.