Plasticart-Bausätze
1958 erschien die Il-14 in 1:87 als fertig bedrucktes aber nicht montiertes Spielzeug. Es folgten die Mig-15 und Aero-45 in 1:50 und die An-2 in 1:75. Letztere stellte die kaum produzierte Salonversion mit extrem exotischen 4-Blatt-Sichelpropellern dar. Die Mig-15 verschwand Anfang der 70er wieder aus dem Programm, die Aero-45 war bis Anfang der 80er Jahre erhältlich, die An-2 bis zum Toresschluss.
Den ersten Modellen folgte die B 152 in 1:100. Der Maßstab war nicht schlecht gewählt, denn auch westliche Firmen rangen noch Jahrzehnte für einheitliche Maßstäbe und nicht nur Matchbox produziert noch heute in nunmehr exotischen Maßstäben von 1/76 und ähnliches. Das Modell der B 152 verschwand leider recht schnell nach der Einstellung der Produktion des Originals in der DDR aber schon in den 60er Jahren wieder. Alle diese Bausätze waren weniger als Modelle sondern eher als Spielzeug mit robusten Fahrwerken ausgelegt.
In den 60ern folgte eine Serie von 25 neuen Bausätzen in 1:100, nur die Mi-6 war eine Ausnahme mit dem Maßstab von 1:86. Es begann mit der Tu-104, aber auch Boeing 727, L-410, Saab J-35, Il-28 und Mig-21F folgten. Dabei gingen die Hersteller zum Teil sehr freizügig mit der Modellumsetzung um. Die Mig-21 ist z.B. eine Version mit 2 Bordkanonen, wie es sie außerhalb der UdSSR gar nicht gab und auch innerhalb derselben gab es davon nur ein Hand voll, da sie zu schwer wurde (später bauten die damals wieder bösen Chinesen eine Raubkopie mit zwei Kanonen). Alle Bausätze waren als Spielzeug gedacht und besaßen völlig überdimensionierte Fahrwerke und massive Details. Festungsmauern ähnliche Wälle stellten falsch positionierte Blechstöße nach. Manche Modelle, wie die Il-62 oder Tu-144 waren bestenfalls vorbildähnlich, sind grundsätzlich falsch und in dieser Konfiguration nie geflogen. Bei der Tu-144 beging man sogar den Fehler, am Triebwerksaustritt die Triebwerke zu einem 4er-Block zusammen zu fassen, so wie beim ersten Prototypen, die Luftkanäle zu den Triebwerken sind aber zweigeteilt, so ähnlich wie bei den Serienmaschinen mit ihren kürzeren und nach außen gerückten Luftkanälen für die nun paarweise angeordneten Triebwerke - allerdings war da der Abstand erheblich größer. Die Il-62 hat die Stabilisierungswülste des Prototyps, die Antennen der Vorserie und den gezahnten Tragflügel der Serienausführung (welcher die Stabilisierungswülste überflüssig machte). Die Jak-24P gab es so nicht mal auf den Reißbrettern des Konstrukteurs in ähnlicher Form und auch Mi-1 und Mi-4 waren damals vielleicht halbwegs akzeptabel ...
Ab der Comet-IV war der Weg von den Kesselnieten der ersten Modelle über die Festungswälle der nächsten zu erhabenen feineren (aber immer noch viel zu groben) Nieten vollzogen. Die bei späteren Modellen (Tu-134, Boeing 727) wieder zusätzlich aufkommenden erhabenen Blechstöße waren zwar immer noch gewaltig, aber zeitgemäß. Parallel dazu wurden auch ältere Modelle dahingehend überarbeitet, dass z.B. die Foliestreifen der Kabinenverglasung durch durchscheinendes Plastik ersetzt wurde. Auch wechselte z.B. bei der Il-62 der Betreiber von Aeroflot zur Interflug.
Eine Besonderheit stellte die Tu-154 dar. Die gab es in Interflugbemalung, nur hatte die Interflug dieses Flugzeug gar nicht in ihrem Bestand. Jedoch flogen später die Regierungsflieger der NVA diesen Typ, aber in anderer Bemalung. Zu DDR-Zeiten war es verboten die Tu-154 der Regierungsflieger in angeblicher Interflugbemalung zu fotografieren ...
Anfang der 70er Jahre kamen erste Modelle in dem krummen, aber international üblichen, Maßstab 1:72 auf den Markt. Die Tu-2 und Be-6 waren komplette Katastrophen. Da stimmte gar nichts. Bei der Tu-2 ist nicht erkennbar, welche der sich stark unterscheidenden Versionen sie überhaupt darstellt. Vorbildähnlich kann man sie nicht nennen. Der Versuch, den Standard der 1:100-Bausätze in 1:72 umzusetzen wurde zum kompletten Desaster. Mit dem gleichfalls schrecklichen Su-7B-ähnlichen Bausatz versuchte man etwas Neues und glaubte in groben aber beweglichen Rudern einen neuen Trend eröffnen zu können. Die Modellbauindustrie der DDR war nun endgültig im Keller angekommen und wurde von den neuen Bausätzen aus Polen und CSSR überholt.
Und so war es ein wahrer Paukenschlag, als Mitte der 80er Jahre sich Plasticart zurück meldete und zwei Modelle auf den Markt warf, die alles bisher auch international erhältliche weit in den Schatten stellten. In 1:72 erschienen die Junkers G 24 und die Antonow An-14. Insbesondere die Junkers war ein völlig unerwartetes Modell und ist noch heute über Revell erhältlich. Den kleinen Fehler bei den Bemalungsvarianten der G 24 (die Schweizer G 24 hatte noch keine Landeklappen und kann somit aus dem Bausatz nicht ohne Umbau gebaut werden) und die zivilen Fenster der militärischen An-14 (die Militärversionen hatten ein gewölbtes Seitenfenster zur Navigation) verzieh man da gerne. Das nächste Modell erschien dann schon nicht mehr bei Plasticart sondern bei Revell: die Junkers F-13. Die hat zwar ein falsches Seitenleitwerk, ist ansonsten aber auch heute noch ein gutes Modell.
Fazit: Es gibt keine Modelle von Plasticart, welche man heute als ernsthafter Modellbahner noch in die Nähe einer halbwegs zeitgemäßen TT-Anlage bringen kann. Die 1:100-Modelle sind deutlich zu groß und sind qualitativ schon vor 50 Jahren eine Katastrophe oder gerade noch erträglich gewesen.