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Technische Fakten zum Lenz Silver mini+

Herstellkosten und Betriebsstundenerwartung

... ein Fachvortrag über die Produktion des Lenz-Lokdekoders Silver mini+ angekündigt.

Zurück zu den Fakten des Lenz Siver mini +, hier einige sehr interessante Informationen aus dem von mir besuchten Fachvortrag:


Über die Grenzen der heutigen Elektronikfertigung am Beispiel einer Sonderbaugruppe für die Modelleisenbahn informierte Klaus Appel, Geschäftsführer der Appel Elektronik GmbH in Heuchelheim. Das Unternehmen beschäftigt sich mit der Entwicklung, Fertigung und Programmierung von Elektronikbaugruppen. 1995 erhielt Appel den Auftrag zur Entwicklung eines digitalen Steuerungssystems für die Modelleisenbahn. Die Fertigung von kleinen Lokdecoder-Baugruppen begann dann 1997, anfangs noch bei einem Partner in Thüringen. Die Anforderungen an die Lokdecoder sind vielfältig:
- so klein, so flach wie möglich
- viele Funktionen
- hohe Strombelastbarkeit
- Sicherheit
- hohe Qualität und Flexibilität
- kleinste Herstellkosten

Zum Erreichen eines solch hohen Miniaturisierungsgrades wird bei der Gehäuseauswahl auf die kleinsten Baugrößen zurückgegriffen. Die Kennwerte der Leiterplatte sind 4-Lagen-Multilayer, Fläche 7,5 mm x 11,5 mm, Dicke 0,5 mm, Aufkupferung 17,5 µm, Line 120 µm, Space 100 µm, Panel 4 x 8 und NiAu.

Bei den anfänglichen Lieferungen von diversen Leiterplattenlieferanten traten bekannte Probleme und Fehler auf:
- Datenmodifikationen ohne Rücksprache
- angefräste Leiterplatten
- instabile Nutzen
- Delamination
- viele Bad-Boards (nur 3 „gut“ von 32)
- Lötstopp-Versatz
- Unterlieferung
- drei Folgelieferungen mit Fehlern
- keine Preisstabilität (Preisdifferenz bis zu 1000%)

Mit dem Partner Jenaer Leiterplatten GmbH fand Appel Elektronik dann einen zuverlässigen Lieferanten für die erforderlichen Leiterplattentechnologien. Beim aktuellen Lokdecoder Lenz Silver mini + werden die Leiterplatteninnenlagen beispielsweise mit einem 80 µm-Bohrer gebohrt, der eine Standfestigkeit von > 500 Bohrhübe aufweist. Nach dem Aufkupfern der Lochhülse verbleibt eine Lochöffnung von nur noch 25 µm Durchmesser, die bei der Lagenverpressung zum Multilayer mit Harz verfüllt wird. Hohlräume im Multilayer, die beim Verbleib von Prozessrückständen Delaminationen hervor rufen können, werden so vermieden. Und auch der kleine Restring der Vias ist beherrschbar. Zur Minimierung der Dimensionsabweichung wurde ein kleiner Fertigungspanel von nur 4 x 8 Leiterplatten gewählt.

Lotpastenauftrag im Inkjet-Verfahren

Doch nicht nur die Leiterplattenfertigung stößt wegen des hohen Miniaturisierungsgrades an ihre technologischen Grenzen. Auch in der Leiterplattenbestückung waren neue Wege zu beschreiten. Ein schablonenfreier Lotpastendruck mit Inkjet-Technologie setzt Lotpastenpunkte in einer Auflösung von 330 µm bei einer Höhe von 100 bis 120 µm. Ein konventioneller Schablonendruck stößt hier mit seinem beschränkten Auflösungsvermögen an seine Grenzen.

Bis dato wurden nach Angabe von Appel 75000 Baugruppen in der aktuellen Größe gefertigt. Die 7 Litzen werden im Raster < 1 mm abschließend manuell angelötet. Die Herstellkosten gab der Referent mit ca. € 1,86 je Baugruppe an. Die Leiterplatte ist mit € 0,48 die teuerste Komponente der Baugruppe. Diese Lokdecoder-Baugruppe aus dem Hause Appel Elektronik war lange Zeit mit 69 Bauteilen/cm² die kompakteste Baugruppe im Ranking der Zeitschrift Elektronikpraxis und wurde erst vor kurzem als Spitzenreiter abgelöst.



Interessant sind die Angaben zum EK-Preis der Leiterplatte und den Herstellkosten der kompletten Baugruppe (Nettopreise!): Bei aktuellen Online-Shop-Preisen zwischen € 29,95 und € 32,60 (Bruttopreise inkl. Umsatzsteuer!) für einen Lokdecoder Lenz Silver mini + kann man schon ins Grübeln kommen. Interessant auch die Aussagen des Referenten zu den Sicherheitsanforderungen bei Modellbahnen (vergleichsweise gering, da nicht besonders sicherheitsrelevant wegen Schutzkleinspannung) und den Zuverlässigkeitsanforderungen an die Elektronik (gering, da die Gesamt-Betriebsdauer einer Modelllok mit nur 30 Stunden angesetzt wird).

Diese Ausführungen zur Modellbahntechnik einmal aus der ganz speziellen Sichtweise des Baugruppenfertigers.

K_E_B
 

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Hallo Ralf,

das sind wirklich sehr interessante Informationen. Ich hätte nicht gedacht, dass die Herstellungskosten derart niedrig sind. In Verbindung mit der angenommenen maximalen Lebensdauer und dem daraus resultierenden Nachkaufbedarf ergibt sich ein interessantes Geschäftsmodell. Unter diesen Umständen wundert es einen nicht mehr, dass gleich zwei Dekoderhersteller in der Lage sind, ihr angestammtes Sortiment zu erweitern und als Modellbahn-Hersteller den Markt aufzumischen.

Wolfgang
 
Man sollte allerdings nicht vergessen, das die Entwicklung eines Decoders auch Geld gekostet hat, das auf die reinen Herstellungs-/Materialkosten umzulegen ist.

Da widerspreche ich mal.
Aktionen aus privaten Bereichen zeigen, dass das kein Hexenwerk ist. Wer das KnowHow zum Schreiben des Codes besitzt macht das in ein paar Stunden. Das Layout der Platine ist auch schnell erstellt. Hier treiben dann eher die nicht automatisierten Produktionskosten den Preis nach oben...

Ein nicht unwesentlicher Punkt der Kosten ist sicher die Gewährleistung und Garantie die bei den Decoderherstellern die i.d.R. relativ unkompliziert abgewickelt wird, trotz das die Fehler zu sicherlich 90% auf Bediener-/Kundenfehler zurückzuführen sind.
Das gleicher Problem hast du generell überall wo Einzelteile oder Ersatzteile an Endkunden verkauft werden. Z.B. ist ein PC komplett gekauft in Regel deutlich günstiger wie die darin verbauten Einzelteile... Auch Ersatzteile im Automobilbereich werden deutlich teurer an Endkunden verkauft wie ein komplettes Fahrzeug.

Die Hersteller erzeugen einfach eine künstliche Hemmschwelle in Verbindung mit "vorsorglicher" Kostendeckung unter Vermeidung von Prozesskosten - alles völlig legitim und wems nicht gefällt - der hat halt Pech :)
 
Bei privaten Projekten mag das so erscheinen, weil viele kostentreibende Faktoren überhaupt keine Berücksichtigung finden.

Im professionellen Bereich müssen Dinge wie Entwicklung, Einkauf, Buchhaltung, Logistik usw. berücksichtigt werden. Alles Bereiche, die nicht direkt produzieren, wo aber Leute arbeiten, die bezahlt werden müssen und für die Sozialabgaben fällig werden.
Gewinn muß erwirtschaftet werden, der Händler muß auch etwas verdienen und ganz zuletzt kommt noch die Mehrwertsteuer dazu, die allein fast ein Sechstel des Verkaufspreises ausmacht.

Am Ende macht so der Einkaufspreis des Materials nur noch einen geringen Bruchteil des Endpreises aus. Den Sammelpreis der zugekauften Einzelteile eines beliebigen Produktes mit dem Endverbraucherpreis zu vergleichen, ist also völlig unsinnig, weil die Kosten für die zwischenzeitlich geleistete Arbeit und die vom Staat diktierten Abgaben nicht einbezogen werden.
 
Hallo!

Man kann die Schlüsse aber auch anders ziehen:

Wer das KnowHow zum Schreiben des Codes besitzt macht das in ein paar Stunden. Das Layout der Platine ist auch schnell erstellt.
Lead-User können mit ihrem Wissen und ihren Erfahrungen/Ansprüchen ganz gezielt den Herstellern helfen ("Produktbeirat"). Zudem müssen kommerzielle Produkte wirklich standfest sein, u.U. auch bei harten Tests und wegen Haftungsfragen.

Ein nicht unwesentlicher Punkt der Kosten ist sicher die Gewährleistung und Garantie die bei den Decoderherstellern die i.d.R. relativ unkompliziert abgewickelt wird, trotz das die Fehler zu sicherlich 90% auf Bediener-/Kundenfehler zurückzuführen sind.
Die Zeit (=Geld) und der Frust wiegen das sicher auf. Der Decoderhersteller ist leider nur das zweite Glied. Der Decoder ist offenbar leicht ausgetauscht, die Lok nicht.
Zudem ist es für den Hersteller eine gute Rückkopplung, zu sehen wo es seine Bausteine zerlegt. Eher noch krasser: Der Hersteller ist dort wirklich auf ein Feedback jenseits von "gut, geht" angewiesen.

Am Ende macht so der Einkaufspreis des Materials nur noch einen geringen Bruchteil des Endpreises aus.
Zustimmung. Auch nach Abzug der Händlerspanne und der Steuern bleibt genug anderer "Rotz" hängen, der gar nicht in die Wertschöpfung einfließt. Unter anderem:
- Entsorgungskosten
- Verpackung
- Anleitung (Übersetzung z.B.)
- Werbung
- Messepräsenz
- Versandkosten
- Support (setze mal jemanden an eine Hotline, der auch aussagefähig ist, da sind dann schon mal round about 50€ die Stunde weg)
Ich möchte die Hersteller nicht in Schutz nehmen, sehe aber irgendwo die Preise bis zu einem gewissen Grade ein.
Mir stellt sich vielmehr eine andere Frage, nämlich warum man Decoder immer nur einzeln bekommt, jedesmal mit Einzelverpackung und extra Anleitung. Ob nun einer oder zehn Chips in der Verpackung nebst Papier etc. landen macht vom Handling für mich kaum einen Unterschied. Mittlerweile hau ich ehrlich gesagt die Decoderanleitungen wenn wirklich zigfach bereits vorhanden nach Prüfung (!) weg.

Und noch eine weitere Rückkopplung: Es gibt offenbar nur sehr wenige, die wirklich tief in digital einsteigen so scheint mir. Und da definiere ich tief bereits als ein paar CV nach Anleitung ändern oder zusätzliche Funktionsausgänge bspw. für separate Schlußlichter zu nutzen. Mir ist es jetzt bei Ebay kurz hintereinander zweimal passiert, dass ich digitale Loks erworben hatte, wo wirklich gute Decoder mit drin waren, aber die Verkäufer
a) erstmal schon beide keine Anleitung mitgeliefert haben...
b) einer mir stolz die Adresse noch handschriftlich mitteilte und er mehr gar nicht gemacht hat.
c) der andere glaubte zu meinen sich zu erinnern, welcher Decoder verbaut ist
d) offenbar die Modellbahnhändler auch nur nach Gutdünken und Profitgier (? oder die an erster Stelle?) verkaufen, da fürs reine Fahren preiswerte Decoder ohne Zusatzfunktionen für um die 15...20€ ihr Ding auch tun.

Als Empfehlung: Loks nicht digitalisiert zu verkaufen, weil dort offenbar eine gewisse Hemmschwelle herrscht, die deutlich auf den Preis drückt. So hab auch ich die Loks nur erworben, weil der Preis wirklich so gut war, um möglicherweise auf den Decoder nicht angewiesen zu sein.

Alles in allem vielleicht eine ähnliche Diskussion wie Zurüstteile: Die breite Masse ist wirklich überfordert und wünscht homöopathische Dosen statt hochaufgerüstete komplizierte Technik.

Daniel

Daniel
 
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